Das Leitmotiv von Enders für dieses Jahr
Von Gesche Wüpper, MünchenEr wirkte sichtlich entspannt, als er in München ganz traditionell im Janker auftrat. Dabei redet er gerne Klartext, zögert nicht mit Kritik und riskiert bei Standortfragen oder Rüstungsprojekten auch schon mal einen offenen Konflikt mit den jeweiligen Regierungen. Bei der Präsentation der Airbus-Jahresbilanz wirkte Tom Enders sichtlich gut gelaunt und zuversichtlich – immerhin konnte der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern mit seinen Ergebnissen trotz der Rückstellungen für den Militärtransporter A400M die Erwartungen übertreffen. “Der Vorteil als Unternehmenschef ist, dass ich nur die Einleitung und am Ende die Zusammenfassung machen muss und zwischendurch meinem Finanz- und Strategiechef lauschen kann”, scherzte er. Major Tom fährt hochDoch seit der begeisterte Fallschirmspringer und Hubschrauberpilot den Franzosen Louis Gallois 2012 an der Spitze der Airbus-Mutter abgelöst hat, ist bei dem Konzern kaum ein Stein auf dem anderen. Nun will der 56-Jährige auch bei der mit Abstand wichtigsten Konzernsparte für Zivilflugzeuge einen noch höheren Rhythmus vorgeben. “Ramp up”, also Hochfahren, heißt das Leitmotiv, das “Major Tom” für dieses Jahr ausgerufen hat. Produktion zieht anSo soll die Produktion des A320-Mittelstreckenflugzeugs 2017 auf 50 Maschinen pro Monat steigen. Derzeit liegt sie bei 42. Mit den Hochfahrplänen liegt Airbus zwar immer noch leicht unter denen des amerikanischen Erzrivalen Boeing, doch Enders sieht noch Luft nach oben. “Es laufen bei uns gerade Studien, mehr als 60 Flugzeuge pro Monat zu bauen.” Die Produktion des neuen Langstreckenjets A350 wiederum soll bis 2018 auf zehn Maschinen monatlich steigen. “Das ist eine riesige Herausforderung für uns”, sagt Enders. “Für den A320 ist es ein Übergangsjahr von der klassischen zur neumotorisierten Neo-Variante. Wir können uns nicht erlauben, dabei etwas falschzumachen, da das unser Brot-und-Butter-Geschäft ist”, betont er.Der A320 Neo ist einer der großen Erfolge von Enders. Denn im Gegensatz zum US-Rivalen Boeing entschied sich die Flugzeugbautochter Ende 2010 unter seiner Leitung sehr früh, das Mittelstreckenflugzeug mit neuen Triebwerken auszustatten. Der Neo gilt längst als eines der erfolgreichsten Projekte der Luftfahrtgeschichte. Dabei schlug dem in einfachen Verhältnissen aufgewachsenen Sohn eines Schäfers in Frankreich anfangs viel Misstrauen entgegen, als er 2007 bei Airbus an die Führungsspitze gelangte, einem Unternehmen, das als Stolz der gesamten Nation gilt.Seit er 2012 das Ruder bei der Airbus-Mutter übernahm, hat er den Umbau des Konzerns zu einem normalen Unternehmen konsequent vorangetrieben. So verlegte der Manager, der jeden Morgen vor der Arbeit joggen geht, die aus politischen Gründen in Paris und München angesiedelten Konzernzentralen ins südfranzösische Toulouse. Dort hat die mit Abstand wichtigste Konzernsparte Airbus ihren Sitz. Nach der gescheiterten Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems setzte der verheiratete Vater von vier Kindern zudem die Neuordnung der Eigentümerstruktur durch und senkte dadurch den Staatseinfluss. Weitere InternationalisierungZwar halten Frankreich und Deutschland noch immer je 11 % des Kapitals und Spanien rund 4 %. Doch die drei Gründungsnationen dürfen inzwischen nur noch bei strategischen Fragen mitreden, wenn es um die nationale Sicherheit geht. Der ehemalige Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung stieß zudem eine weitreichende Restrukturierung an, benannte den Konzern nach dem Flugzeugbauer in Airbus Group um und trieb die Internationalisierung weiter voran. So entsteht derzeit in Alabama in den USA die zweite A320-Endfertigungslinie außerhalb Europas nach Tianjin in China. Sie soll in diesem Jahr eröffnet werden. Für Enders, der auch in den USA studierte, ein weiterer Grund zu feiern. Denn die Endfertigung in Alabama dürfte helfen, dem Rivalen Boeing in seiner Heimat Marktanteile abzunehmen.