Restrukturierung

Davidson Kempner nimmt deutschen Distressed-Markt ins Visier

Das Investmenthaus Davidson Kempner will in Deutschland künftig über die Neugründung Birkenstein Capital bei Transaktionen in Sondersituationen mitmischen. Tobias Hoffmann-Becking soll das Geschäft leiten.

Davidson Kempner nimmt deutschen Distressed-Markt ins Visier

Birkenstein Capital zielt auf Distressed-Transaktionen

sar Frankfurt

Von München aus will die neu gegründete Investmentgesellschaft Birkenstein Capital in Unternehmen in Sondersituationen investieren. Hinter Birkenstein Capital steht Davidson Kempner als exklusiver Investmentpartner. Der Multi-Assetmanager bringt es eigenen Angaben zufolge auf mehr als 37 Mrd. Dollar verwaltetes Vermögen. In Deutschland ist Davidson Kempner in erster Linie als Hedgefonds bekannt, unter anderem opponierten sie 2020 gegen die Übernahmeofferte des US-Laborausrüsters Thermo Fisher für Qiagen.

Tobias Hoffmann-Becking soll als Gründungspartner den Aufbau und die Leitung von Birkenstein Capital verantworten. Er war von Frühjahr 2010 an knapp zehn Jahre für Rothschild & Co tätig, wo er mehrere Jahre das Geschäft mit Debt Advisory und Restrukturierung in Deutschland leitete. Zuletzt war er CEO der mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Blue Cap. Zu seinen weiteren Stationen zählen Bain, der ehemalige britische Private-Equity-Fonds Candover und die Beteiligungsgesellschaft Odewald & Cie.

Birkenstein Capital setzt auf Mehrheiten

Birkenstein Capital will sektorübergreifend in Unternehmen investieren, die mit Veränderungen in der Kapitalstruktur oder am Markt umgehen müssen. Ziel seien Mehrheitsbeteiligungen, die Beteiligung könne man aber auch flexibel steigern. Als Fokussektoren hat Birkenstein Capital die Bereiche Energy Transition, traditionelle und digitale Infrastruktur sowie Healthcare und Chemie ausgerufen.

Die übliche Beteiligung umfasst laut Hoffmann-Becking zwei Phasen. Am Anfang stehe die Restrukturierung, die zumeist zwei bis drei Jahre dauere. Während dieser Phase könnten Investments von 20 bis 50 Mill. Euro fließen, am oberen Rand der Spanne seien auch größere Summen bis hin zu 300 Mill. Euro denkbar. Als zweite Phase soll sich nach gelungener Restrukturierung eine Wachstumsphase anschließen. Auch in diese könne Birkenstein Capital sich mit finanziellen Mitteln einbringen. Hoffmann-Becking plant zurzeit mit zwei bis vier Transaktionen pro Jahr im deutschsprachigen Markt. „In den kommenden drei bis vier Jahren wird es ein größeres Spektrum an Problemfällen geben“, erwartet Hoffmann-Becking. Neben Einzelhandel und Automotive rückten auch die Immobilienbranche, die Chemieindustrie und Healthcare in den Fokus der Sanierer.

Insolvenzzahlen steigen wieder an

Auf dem Karrierenetzwerk Linkedin erklärte Hoffmann-Becking, warum er den Schritt zum jetzigen Zeitpunkt für richtig hält: Die Energiekrise, der demografische Wandel, anstehende Refinanzierungen und die Zinswende hätten die Rahmenbedingungen stark verändert. Es gebe einen „mismatch“ zwischen Finanzierungsangebot und -nachfrage. Privates Kapital werde benötigt, um Unternehmen bei der Transformation zu begleiten und sie zu stabilisieren.  

Nachdem die Insolvenzzahlen dank umfassender Hilfsprogramme während der Corona-Pandemie auf einem historisch niedrigen Niveau lagen, mussten 2023 wieder deutlich mehr Unternehmen als in den Vorjahren den Gang zum Insolvenzgericht antreten.

„Im Bereich Healthcare wächst der Kostendruck aus der Kombination aus höheren Personal- sowie Energiekosten bei nur begrenzten Möglichkeiten zur Steigerung der Erlöse“, beobachtet Hoffmann-Becking. Der Infrastruktursektor habe bei niedrigen Zinsen hohe Mittelzuflüsse verzeichnet. „Hier werden sich Managementfehler und die Zinsauswirkungen verzögert in den Jahren 2027 und 2028 bemerkbar machen“, erwartet Hoffmann-Becking.