Der Fusionscoup des Wolfgang Altmüller
Von Stefan Kroneck, München
Keine Frage, Wolfgang Altmüller ist der mächtigste Kreditgenosse in Bayern. Der gut vernetzte Bankkaufmann und Betriebswirt führt in der Funktion des Vorstandsvorsitzenden die größte Primärbank des genossenschaftlichen Finanzverbunds im Freistaat. Der Manager, der am kommenden Montag 56 Jahre alt wird, hat zuvor aus dem Zusammenschluss mehrerer kleiner regionaler Volksbanken und Raiffeisenbanken rund um den malerischen Chiemsee sukzessive ein Geldhaus geformt, welches mit einer Bilanzsumme von nahezu 11 Mrd. Euro (Stand 2021) sich sogar auf Bundesebene sehen lassen kann. Im Ranking des fast 800 Mitglieder zählenden genossenschaftlichen Primärbankenverbunds nimmt das Institut deutschlandweit immerhin Platz 10 ein.
Die mit dem sperrigen Namen Meine Volksbank Raiffeisenbank versehene Adresse mit Hauptsitz in Rosenheim schickt sich unter Altmüllers Regie nun an, mit der ebenfalls tatkräftig agierenden, aber nur halb so großen Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte aus Ingolstadt sich zu einem neuen Gebilde zusammenzuschließen, das im Kreditsektor der Genossen in der größten EU-Volkswirtschaft auf Platz 3 vorrückt.
Für den ehrgeizigen Altmüller ist das voraussichtlich der größte Fusionscoup in seiner beruflichen Karriere. Denn das verschafft der aus dem oberbayerischen Wallfahrtsort Altötting stammenden Führungskraft in der recht heterogenen deutschen kreditgenossenschaftlichen „Familie“ künftig mehr Gewicht. Altmüllers Bedeutung im Verbund wird von nun an über die bisherigen Grenzen des flächenmäßig größten Bundeslandes weit hinausgehen.
Machtmensch
Für ihn dürfte die Fusion auch ein geschickter Schachzug sein, um sich im Berlin sitzenden Dachverband BVR mehr Gehör zu verschaffen. Denn von seinem Naturell her ist der verheiratete Vater eines Sohnes eigentlich nicht dafür geschaffen, sich ausschließlich mit dem CEO-Posten des neuen Bankgebildes mit künftigem Hauptsitz Rosenheim zufrieden zu geben.
Altmüller strebt nach Höherem. Er ist ein Netzwerker, der sein Talent gerne auch auf Lobbyebene unter Beweis stellt. Dabei kann es bisweilen nach innen recht ruppig zugehen, wie es nach außen den Eindruck erweckt. Ende vergangenen Jahres sorgte Altmüller dafür, dass die in München sesshafte regionale Interessenvertretung Genossenschaftsverband Bayern (GVB), der über 200 Genobanken angehören, ihren Präsidenten und Vorstandsvorsitzenden Jürgen Gros (52) nach fünfeinhalbjähriger Tätigkeit Knall auf Fall vor die Tür setzte (vgl. BZ vom 20.12.2021). Altmüller installierte Gregor Scheller (65), Ex-Chef der VR-Bank Bamberg-Forchheim, als dessen Nachfolger. In diesem Fall kam der Machtmensch Altmüller zum Vorschein, der zugleich in seiner Rolle als Vorsitzender des einflussreichen GVB-Verbandsrats die Geschicke lenkt. Gros wurde Altmüller offenbar zu selbständig im komplexen genossenschaftlichen Meinungsbildungsprozess. Mit Scheller an der Verbandsspitze hat er nun einen erfahrenen Genossen, der mehr seinem Geschmack entspricht.