Severin Schwan

Der Roche-Chef will nicht mehr mit der Credit Suisse

Roche-Chef Severin Schwan hört als Vizepräsident der Credit Suisse auf. Die beiden Milliardenpleiten Archegos und Greensill machten sein siebenjähriges Engagement zum persönlichen Waterloo.

Der Roche-Chef will nicht mehr mit der Credit Suisse

Von Daniel Zulauf, Zürich

Roche-Chef Severin Schwan will als Vizepräsident der Credit Suisse nicht weitermachen. Was der 54-jährige Österreicher schon im Januar im Zug der Wirren um die vorzeitige Verabschiedung des Verwaltungsratspräsidenten António Horta-Osório angedeutet hatte, wird nun Tatsache: Schwan wird sich der Generalversammlung der Credit-Suisse-Aktionäre vom 29. April nicht mehr zur Wiederwahl in den Verwaltungsrat stellen, wie die Bank am Montag in einem Kommuniqué mitteilte.

Eine Begründung für den Entscheid wird nicht kommuniziert. Diese können sich aber auch außenstehende Beobachter leicht zusammenreimen. Die beiden Milliardenpleiten Archegos und Greensill machten das siebenjährige Credit-Suisse-Engagement des bestbezahlten Managers der Schweiz zu dessen Waterloo. Einige größere Aktionäre zeigten ihm schon an der Generalversammlung von Ende April 2021 die gelbe Karte und verweigerten ihm die Stimme zur Wiederwahl.

Ob Schwan aufgrund der starken zeitlichen Beanspruchung als Chef eines der weltgrößten Pharmakonzerne den schwierigen Aufgaben bei Credit Suisse zu wenig Beachtung schenkte, wie einige seiner Kritiker glauben, bleibt dahingestellt. Vieles deutet aber darauf hin, dass er Ende April mit einer erneuten Kandidatur für den Verwaltungsrat der Bank auf ein noch viel schlechteres Ergebnis als auf die 83% des Vorjahres gekommen wäre.

Schwan ist seit 2014 im Credit-Suisse-Verwaltungsrat tätig. Seit 2017 wirkt er dort als sogenannter „Lead Independent Director“. In dieser Rolle moderiert er die Positionen der unabhängigen Verwaltungsräte und formiert diese bei Bedarf zu einer Gegenmacht. Sichtbar wurde die Notwendigkeit dafür zuletzt im Dezember 2021, als es für den Verwaltungsrat darum gegangen war festzustellen, wie die diversen Verstöße ihres Präsidenten António Horta-Osório gegen die nationalen Corona-Schutzbestimmungen sanktioniert werden sollten.

Mit Schwan verliert der Credit-Suisse-Verwaltungsrat den letzten Vertreter des höchsten Schweizer Wirtschaftsestablishments. In früheren Jahren saßen Schweizer Wirtschaftsgrößen wie der ehemalige Nestlé-Chef Peter Brabeck, der frühere Staatssekretär Jean-Daniel Gerber und andere Schwergewichte in dem Gremium. Diese Entwicklung passt zu der Ära des früheren Präsidenten Urs Rohner, unter dem die Bank zahlreiche Tiefschläge hinnehmen musste und einen Exodus von hochkarätigen Führungskräften erlebte.

Die Funktion des Vizepräsidenten und Lead Independent Director soll nun der seit 2019 im Credit-Suisse-Verwaltungsrat tätige schwedisch-schweizerische Christian Gellerstad übernehmen, der von 2007 bis 2018 das Vermögensverwaltungsgeschäft der Bank Pictet geleitet hatte.

Nicht mehr zur Wiederwahl stellt sich nach einer langen Amtszeit auch der inzwischen 72-jährige Ex-Investmentbanker Kai Nargolwala, den die Credit Suisse einst für teures Geld von der Standard Chartered Bank in Singapur als Manager abgeworben hatte. Auch Juan Colombas, ein Weggefährte von Horta-Osório bei der Lloyds Bank, legt sein Amt nach nur einem Jahr wieder nieder.

Zwei Frauen

Als Ersatzkandidaten will der seit Jahresanfang vom Schweizer Axel Lehmann präsidierte Verwaltungsrat seinen Aktionären den amerikanisch-schweizerischen Mirko Bianchi vorschlagen, der es als gelernter Chemieingenieur nach einer 30-jährigen Bankerkarriere bis in die Geschäftsleitung der italienischen Großbank Unicredit gebracht hat. Mit der Amerikanerin Amanda Norton und der Chinesin Keyu Jin sind auch zwei Frauen zur Wahl vorgeschlagen. Norton verantwortete bis im Frühjahr das Risikomanagement der US-Groß­bank Wells Fargo, die vor einigen Jahren der Credit Suisse nicht unähnlich in große Konflikte mit den Aufsichtsbehörden geraten war. Keyu Jin ist als Professorin für Volkswirtschaftslehr an der London School of Economics tätig.

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