Der Wolkenstürmer von IBM
Von Norbert Kuls, New York
Arvind Krishna glaubt an Beharrlichkeit. Das war die Kernbotschaft des seit einem Jahr amtierenden CEO des US-amerikanischen Technologiekonzerns IBM, als er in der vergangenen Woche vor Absolventen der indischen Managementschmiede IIM sprach. „Seien Sie aufmerksam, gehen Sie weniger ausgetretene Pfade und suchen Sie nach den Möglichkeiten, die im Verborgenen liegen“, sagte Krishna. „Wo auch immer das Leben Sie hinführt, Sie werden beharrlich sein müssen, um Ihre Ideen verwirklicht zu sehen.“
Aufholjagd gestartet
Krishnas Ideen für IBM fokussieren sich auf die Aufholjagd in den Wachstumsfeldern künstliche Intelligenz und Cloud Computing – also die Bereitstellung von Rechnerleistung im Internet, in einer „Datenwolke“ anstelle über stationäre Großrechner (Server). Dagegen sollen große Teile der schrumpfenden IBM-Dienstleistungssparte bis Ende des Jahres abgespalten und unter dem Namen Kyndryl an die Börse gebracht werden.
Eine richtige Überraschung war die strategische Neuausrichtung nicht. Bevor der 58 Jahre alte Krishna seine Vorgängerin Virginia „Ginni“ Rometty beerbte, war er für das Cloud-Geschäft von IBM verantwortlich gewesen. Der aus Indien stammende Manager hatte an der University of Illinois in Elektrotechnik promoviert und seit dem Jahr 1990 bei IBM in der Forschung und im Softwarebereich Karriere gemacht.
Krishna spielte auch eine zentrale Rolle bei der Akquisition des Softwarekonzerns Red Hat, den IBM 2019 für 34 Mrd. Dollar übernommen hatte, um das Geschäft mit hybriden Cloud-Angeboten zu stärken. Ein Deal, der damals viele Analysten und Investoren ob der enormen Multiples, die für Red Hat gezahlt wurden, sehr verstört hatte.
IBM hatte unter Romettys Vorgänger Sam Palmisano den Trend zur Cloud verpasst und geriet gegen Konkurrenten wie Amazon oder Microsoft ins Hintertreffen.
Die am Montag veröffentlichten Quartalszahlen geben Krishna nun etwas Auftrieb. Nach vier Quartalen in Folge mit schrumpfenden Erlösen ist der Gesamtumsatz im ersten Kalenderviertel 2021 aufgrund kräftigen Wachstums der Cloud-Sparte leicht gestiegen. „Es ist zwar noch früh im Jahr, und es bleibt noch viel zu tun, aber wir sind zuversichtlich genug, um zu sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagte Krishna.
Wie lange Krishna seine Beharrlichkeit unter Beweis stellen kann, ist nicht ganz klar. Vorstandschefs bei IBM scheiden üblicherweise mit dem 60. Lebensjahr aus, obwohl Ginni Rometty diese Altersgrenze um zwei Jahre überschritten hatte. Als potenzieller Nachfolger Krishnas steht jedenfalls der ein paar Jahre jüngere James Whitehurst bereit, die Nummer 2 bei IBM. Whitehurst ist ebenfalls ein Garant für die Cloud-Strategie – er ist der ehemalige Vorstandschef von Red Hat.