Munich Re

Die ruhige Hand von Munich Re

Joachim Wenning verkörpert die Tradition seines Arbeitgebers. Als Vorstandsvorsitzender der Munich Re strahlt der promovierte Volkswirt nach außen eine Abgeklärtheit und Gelassenheit aus, wie es seine beiden Amtsvorgänger Nikolaus von Bomhard (2004...

Die ruhige Hand von Munich Re

Von Stefan Kroneck, München

Joachim Wenning verkörpert die Tradition seines Arbeitgebers. Als Vorstandsvorsitzender der Munich Re strahlt der promovierte Volkswirt nach außen eine Abgeklärtheit und Gelassenheit aus, wie es seine beiden Amtsvorgänger Nikolaus von Bomhard (2004 bis 2017) und Hans-Jürgen Schinzler (1993 bis 2003) ebenso exerziert hatten. Der CEO steuert seit seinem Amtsantritt im April 2017 den größten Rückversicherer der Welt mit einer ruhigen Hand in unruhigen Zeiten. Die Coronakrise setzt dem Dax-Unternehmen zu. Die Münchener verzeichneten 2020 einen Gewinneinbruch. Die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken nagt an der Profitabilität. Das anhaltende Zinstief lässt die Rendite des Kapitalanlageergebnisses abschmelzen.

Und dennoch kann die Versicherungsgesellschaft ihre Aktionäre mit einer hohen Dividende versorgen, die für 2020 einer Rendite von 4% entspricht. Die umfangreichen Kapitalpuffer des Unternehmens machen das möglich.

Ziele bis 2025

Die stabile Bilanzstruktur sollte in Wenning keinen Grund wecken für aufgeregte, hektische strategische Aktivitäten. Dazu gibt es für den Marktführer keinen Anlass. Mit seinen im zurückliegenden Herbst vorgestellten mittelfristigen Zielen steckte er den Rahmen aber bis einschließlich 2025 ab, wohin die Reise geht. Wer wie Wenning in seiner hervorgehobenen Manager-Position die Pflöcke bereits bis Mitte der laufenden Dekade steckt, dem kann man unterstellen, auch mindestens bis dahin die Verantwortung für das Konzept tragen zu wollen.

Der 1965 in Jerusalem geborene Konzernchef ist eigentlich bis 2021 bestellt. Sein Vertrag harrt also einer Verlängerung. Bisher sind keine Stimmen aus der Munich Re zu vernehmen, dass sich Wenning einer weiteren Amtszeit verschließen würde. Der Ball liegt also im Aufsichtsrat unter von Bomhards Leitung.

Nach einer langen Flaute im Neugeschäft hat Wenning den Hebel auf Wachstum umgeschaltet. Im Kernsegment Rückversicherung will sich die Munich Re neue Ertragsquellen erschließen, um Marktanteile auszubauen. Das Stichwort dafür liefert die Digitalisierung, die in der Wirtschaft für einen Wandel auf allen Ebenen sorgt. So setzen Wenning und seine acht Vorstandskollegen alle Hebel in Bewegung, dass die Munich Re auf dem lukrativen Feld der Deckung von Cyberrisiken weltweit die Nase vorn hat. Rückenwind bekommt der CEO dabei von der Wende bei den Preisen zugunsten der Anbieter, also der Rückversicherer. Für den CEO heißt das, dass er Aktienrückkäufe vorerst nicht mehr weiter verfolgt. Das Geld steckt er in Investitionen mit dem Ziel, die Beitragseinnahmen zu steigern­. Letzteres hatte der Marktführer­ in den Jahren zuvor aufgrund­ der schwierigen Bedingungen – neben den Preisen sorgte auch ein hoher Wettbewerbsdruck für Stress in der Assekuranz – vernachlässigt. Erleichternd kommt für Wenning hinzu, dass die Düsseldorfer Erstversicherungstochter Ergo nach einer langen Restrukturierung erstmals wieder nennenswerte Ergebnisbeiträge liefert. Vor diesem Hintergrund dürfte für den CEO nun eine Erntezeit anstehen mit wieder wachsenden Konzernüberschüssen – sofern große Schäden aus Naturkatastrophen der Munich Re nicht einen Strich durch die Rechnung machen.

Vertrauen der Anleger zählt

Dieses Risiko gehört nun mal zum Geschäftsmodell. Das weiß auch der erfahrene Wenning, der dem Vorstand seit 2009 angehört. Der CEO, der sich unter anderem im Vertrieb hochgearbeitet hatte, machte in seiner Rolle als Vorstandsvorsitzender Höhen und Tiefen mit. Sein Start als CEO verlief holprig, wenn man das Nettoergebnis zum Maßstab der Leistung nimmt. Nach dem durch die Pandemie verhagelten Jahr 2020 hat er 2021 die Chance, mit einem angepeilten Gewinnschub zu überzeugen.

Seit seinem Amtsantritt ist der Kurs der Aktie um ein Drittel gestiegen – das ist doch schon etwas, wenn man das als Gradmesser vonseiten des Marktes in Betracht zieht. Am Vertrauen der Anleger für den CEO mangelt es jedenfalls nicht.