Eurogruppe

Die zähe Suche nach einem neuen ESM-Chef

Seit vier Monaten sondiert Eurogruppen-Chef Donohoe eine Verständigung auf einen neuen ESM-Chef. Die eigentlich für Freitag geplante Wahl wurde aber erneut kurzfristig gecancelt: Keiner der verbliebenen zwei Kandidaten kommt auf die erforderliche Unterstützung.

Die zähe Suche nach einem neuen ESM-Chef

Von Andreas Heitker, Prag

Am Donnerstag hatte sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Bundestag noch zuversichtlich gezeigt, dass am nächsten Tag endlich die Wahl eines neuen Managing Director des Euro-Rettungsfonds ESM gelingen wird. Doch als es am Freitag in Prag beim Treffen der Euro-Finanzminister dann ei­gentlich ernst werden sollte, nahm Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe den Tagesordnungspunkt ESM kurzfristig wieder von der Agenda. Es seien weitere Gespräche nötig, räumte er ein, versprach aber: Eine Sitzung des Board of Governors des ESM – der aus den Euro-Finanzministern zusammengesetzt ist und für die Wahl zuständig ist – werde „kurzfristig“ einberufen.

Donohoe ist nicht zu beneiden: Schon seit vier Monaten ist er unterwegs, um in zig Gesprächen eine Verständigung über die Nachfolge von Klaus Regling auszuloten, dessen Mandat an der Spitze des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) am 7. Oktober ausläuft. Drei Anläufe für eine Wahl sind bereits im Mai, Juni und Juli gescheitert. Und auch vor dem Treffen in Prag war der Ire bis zum Schluss bemüht, die Personalie endlich vom Eis zu bekommen. Vorerst vergeblich.

Von den einst vier Bewerbern sind nur noch zwei im Rennen: die früheren Finanzminister von Portugal und Luxemburg, João Leão und Pierre Gramegna. Italien hatte seinen Kandidaten Marco Buti im Juli zurückgezogen, die Niederlande ihren Bewerber Menno Snel bereits nach der ersten Probeabstimmung im Mai. Das Problem ist aber, dass der neue ESM-Chef eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 80% der Stimmen auf sich vereinigen muss. Deutschland hat mit seinem Stimmenanteil ebenso wie Frankreich ein Vetorecht. Und auch Italien könnte jede Wahl zusammen mit einem Verbündeten blockieren. Weder Leão noch Gramegna konnten die 80-%-Hürde bislang nehmen.

Die Bundesregierung hatte sich stets klar für Gramegna ausgesprochen. Offenbar hält Berlin einen Kandidaten aus einem hoch verschuldeten ehemaligen Programmland des Euro-Rettungsfonds für das falsche Zeichen für die Märkte und zugleich auch in Deutschland für nicht vermittelbar.

Bleibt es beim Patt, müsste eigentlich so langsam die Suche nach einem Ersatzkandidaten beginnen. Donohoe will davon bislang zumindest offiziell nichts wissen. „Wir haben zwei exzellente Kandidaten“, betonte er in Prag. Auch in großen Euro-Ländern wie Frankreich besteht wenig Appetit, vier Wochen vor dem Ende der Regling-Ära noch einmal ein neues Bewerbungsfass aufzumachen. Da aus Berlin allerdings keinerlei Signale kommen, vom Pro-Gramegna-Kurs abzurücken, lautet jetzt die eigentliche Frage: Welche Euro-Länder könnten vielleicht doch noch bereit sein, den 64-jährigen Luxemburger zu unterstützen, damit die 80-%-Hürde geknackt wird? Leão dürfte sich dagegen wohl kaum noch Hoffnungen machen.

Sollte die ESM-Personalie einmal geklärt sein, steht für die Eurogruppe aber gleich die nächste schwierige Personalentscheidung an: Das Mandat von Elke König an der Spitze des Single Resolution Board (SRB) läuft im Dezember aus. Die Bewerbungsfrist endete bereits im Februar. Bis heute ist aber kein weiterer Auswahlprozess bekannt. Dabei kann der in der Eurogruppe zäh verlaufen, wie jetzt wieder beim ESM zu sehen ist.

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