Doppelter Showdown um Spitzenjobs bei EIB und EZB
Doppelter Showdown um
Spitzenjobs bei EIB und EZB
rec/ms Brüssel/Frankfurt
Von Stefan Reccius, Brüssel,
und Mark Schrörs, Frankfurt
Wenn es um ihre Kandidatur für die Spitze der Europäischen Investitionsbank (EIB) geht, antwortet Nadia Calviño dieser Tage auffällig zurückhaltend. Die EIB sei eine sehr starke Institution, schmeichelte sie am Mittwoch auf dem Podium einer Wirtschaftskonferenz in Brüssel. "Das Kaliber der Kandidaten zeigt ihren Stellenwert." Eine gekonnte Kombination aus Eigenlob und Respektsbekundung für ihre Hauptwidersacherin, die Dänin Margrethe Vestager.
Parallel naht für zwei andere Damen ein nicht minder hochkarätiger Showdown: Es geht darum, wer die Leitung der EU-Bankenaufsicht übernimmt, die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt ist. Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch darf sich berechtigte Hoffnungen auf den Posten machen. Darauf lassen zumindest jüngste Medienberichte schließen, nachdem zunächst ihre Kontrahentin Margarita Delgado bessere Karten zu haben schien.
Parallele Prozedere
Klar ist: Delgado und Calviño werden sich kaum beide durchsetzen können. Das widerspräche den ungeschriebenen Gesetzen auf europäischer Ebene, denn beide sind Spanierinnen. Fest steht ansonsten nur, dass die beiden Amtsinhaber – der Italiener Andrea Enria an der Spitze der EZB-Bankenaufsicht und Werner Hoyer nach zwölf Jahren bei der EIB – Ende dieses Jahres ausscheiden werden.
Für die Nachfolgesuche sind klare Prozedere vorgegeben. Die sehen im Falle des einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus SSM vor, dass der EZB-Rat eine Kandidatin nominiert. Nach Lage der Dinge wird das Mitte kommender Woche geschehen. Anschließend stellt sich die Nominierte einer Anhörung im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments (Econ). Angesetzt ist die nach Informationen der Börsen-Zeitung für den 20. September.
Delikate Anhörung
Die Abgeordneten dürften Claudia Buch im Falle ihrer Nominierung besonders intensiv auf den Zahn fühlen. Denn bereits im Frühsommer gab es eine erste, informelle Anhörung der beiden Kandidatinnen – und da hinterließ ihre Kontrahentin aus Spanien aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in der Bankenaufsicht einen etwas besseren Eindruck.
Theoretisch kann der Econ-Ausschuss eine Kandidatin durchfallen lassen. Das gilt als sehr unwahrscheinlich, nicht zuletzt, weil es ein Affront gegen den EZB-Rat wäre. Absegnen muss die Personalie im letzten Schritt der Rat der Mitgliedstaaten. Das dürfte im Oktober geschehen.
Auch zum Spitzenjob bei der EIB haben sich die Finanzminister der 27 EU-Staaten zu positionieren – und zwar in ihrer Eigenschaft als Gouverneure der EU-eigenen Förderbank. Nach Lage der Dinge wird die Personalie Thema des Finanzministertreffens Ende kommender Woche in Santiago de Compostela sein. Dort kommt der Ecofin-Rat zu einer informellen Sitzung zusammen.
Als amtierende spanische Ministerin wird Nadia Calviño das Treffen leiten. Das verleiht dem Ganzen zusätzlich Brisanz – wenngleich die Suche nach einer neuen EIB-Chefin formal in den Händen des belgischen Finanzministers Vincent Van Peteghem liegt. Denn der sitzt dem Rat der Gouverneure bei der EIB vor.
Calviños Hauptkonkurrentin Margrethe Vestager hält sich währenddessen im Hintergrund. Die Dänin hat sich vorübergehend aus ihrem Amt als EU-Wettbewerbskommissarin zurückgezogen. Sie habe Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über ihre Nominierung durch die dänische Regierung informiert und um unbezahlten Urlaub gebeten, teilte die Behörde mit.
Wer folgt 2027 auf Lagarde?
Derweil reichen die Blicke mancher Beteiligter deutlich weiter, in den Herbst 2027. Dann endet die Amtszeit von EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Da Deutschland bislang noch nie den EZB-Präsidenten gestellt hat, dürfte es bei der Lagarde-Nachfolge wieder das Thema geben, dass Deutschland „mal dran“ sei. Ein natürlicher Kandidat wäre für viele Bundesbankpräsident Joachim Nagel.
Sollte jetzt Claudia Buch zum Zuge kommen, liefe ihre reguläre Amtszeit bis Ende 2028. Dass ein Land gleichzeitig die Spitze der Europäischen Zentralbank und der EZB-Bankenaufsicht SSM besetzt, scheint kaum vorstellbar. Allerdings schließen nicht alle Insider so etwas grundsätzlich aus. Deutschland müsste aber überhaupt auch erst einmal Ansprüche auf den EZB-Spitzenjob anmelden.