Wirecard

Ehemalige Vorstände zu Schadenersatz verurteilt

Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé hat vor dem Landgericht München einen Erfolg erzielt. Im Zivilverfahren wurden drei ehemalige Wirecard-Vorstände zu 140 Mill. Euro Schadenersatz plus Zinsen verurteilt.

Ehemalige Vorstände zu Schadenersatz verurteilt

Schadenersatz von Wirecard-Vorständen

mic München
mic München

Drei ehemalige Vorstände der insolventen Wirecard AG sind vom Landgericht München zu 140 Mill. Euro Schadenersatz plus Zinsen verurteilt worden. Die 5. Kammer für Handelssachen unter dem Vorsitz von Helmut Krenek sah unter anderem in einer Kreditvergabe vom Ex-CEO Markus Braun und von zwei Finanz- und Produktvorständen eine fahrlässig begangene Pflichtverletzung.

Das Urteil, das Insolvenzverwalter Michael Jaffé mit einer Klage erreicht hatte, ist nicht rechtskräftig. Wie viel Geld die Gläubiger erhalten würden, selbst wenn es wider Erwarten keine Berufungen geben würde, ist unklar. Die Manager haften mit ihrem Privatvermögen, jedoch könnte die Schadensumme dieses Vermögen übersteigen. Die Manager-Haftpflichtversicherung, die Wirecard für die Vorstände und Aufsichtsräte abgeschlossen hatte, sollte aus dem Schneider sein. Sie zahlt nicht bei Straftaten von Managern.

Gericht: Sorgfaltspflicht verletzt

Das Landgericht nahm zwei Entscheidungen des Vorstands aufs Korn. Erstens habe eine Wirecard-Tochter aus Mitteln des Zahlungsdienstleisters ein unbesichertes Darlehen über 100 Mill. Euro an die Gesellschaft Ocap Management vergeben. Das Ziel: Es sollten Merchant-Cash-Advanced-Aktivitäten aufgebaut werden – also mit einer Art Betriebsmittelkredit zukünftiges Geschäft generiert werden. Das Gericht stellte fest, die drei Vorstandsmitglieder seien damit ein unvertretbares Risiko eingegangen und hätten gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Geschäftsmanns verstoßen. Der Grund: Das Darlehen sei nicht besichert gewesen. Zudem sei es an einen finanzschwachen Partner vergeben worden, denn Ocap habe bei einem anderen Kredit Rückstände aufgebaut. Es sei auch aufgrund einer KPMG-Sonderprüfung unsicher gewesen, ob es das mit dem Darlehen in Verbindung stehende Drittpartner-Geschäft tatsächlich gegeben habe.

Die Verurteilung Brauns und des Finanzvorstands folgt Krenek zufolge aus deren unmittelbarer Ressortverantwortung. Die Produktvorständin habe Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung haben müssen. Da 60 Mill. Euro mittels einer Schuldverschreibung getilgt worden seien, habe der Schaden 40 Mill. Euro betragen.

Das zweite Standbein des Urteils: die Zeichnung einer Schuldverschreibung über 100 Mill. Euro. Sie sei deshalb fahrlässig gewesen, weil die Vorstände auf eine Financial Due Diligence zur Überprüfung der Werthaltigkeit und Existenz der verbrieften Forderungen verzichtet hätten – und zwar entgegen anwaltlichem Rat.

Ex-Aufsichtsratschef Klestil nicht belangt

Jaffé kam mit einem anderen Teil der Klage nicht zum Ziel. Der ehemalige stellvertretende Aufsichtsratschef Stefan Klestil wurde nicht verurteilt. Zwar hat er nach Ansicht der Kammer Überwachungspflichten als zentrale Aufgabe eines jeden Aufsichtsrats verletzt. Er hätte zu Beginn der KPMG-Sonderprüfung auf eine Verschärfung der Ansprüche an Zustimmungen für zentrale geschäftliche Entscheidungen dringen müssen.

Die Kammer konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass dies den entstandenen Schaden abgewendet hätte. Die Begründung: Schon im Jahr 2019 habe der Vorstand die Auszahlung eines Darlehens über 100 Mill. Euro veranlasst, obwohl nur die Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden vorlag: „Nach allgemeinen Grundsätzen der Verteilung im Zivilprozess geht dieser Umstand der nicht sicher zu bejahenden Kausalität zulasten des Klägers, hier also des Insolvenzverwalters.“