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Ein Patriarch dankt ab - aber nicht ganz

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt Börsen-Zeitung, 20.8.2020 Auch in virtuellen Hauptversammlungen ist Platz für Emotionen. Für Eugen Münch hat das Aktionärstreffen im Onlineformat sicherlich nicht den adäquaten Rahmen geboten, um ihn als Gründer und...

Ein Patriarch dankt ab - aber nicht ganz

Von Sabine Wadewitz, FrankfurtAuch in virtuellen Hauptversammlungen ist Platz für Emotionen. Für Eugen Münch hat das Aktionärstreffen im Onlineformat sicherlich nicht den adäquaten Rahmen geboten, um ihn als Gründer und Vordenker des Rhön-Klinikums begleitend zum Ausstieg aus dem Aufsichtsratsvorsitz gebührend zu feiern. Er selbst zeigte sich nach der Würdigung durch Rhön-Vorstand Bernd Griewing erfreut, dass man im Video “nicht immer im Bild ist” und Gemütsregungen verborgen bleiben.Griewings Worte machten klar, dass hier ein Patriarch abdankt – und Vorstände unter ihm wenig zu melden hatten. Münch habe das Unternehmen mehr als 31 Jahre “geleitet”, davon 17 Jahre als Vorstandsvorsitzender und anschließend 15 Jahre als Aufsichtsratschef. Nun verhinderte die Altersgrenze eine weitere Amtszeit für den 75-Jährigen – das soll einem Nachfolger nicht mehr passieren, die Altersgrenze wurde per Hauptversammlungsbeschluss wieder aus der Satzung gestrichen.Münch wird als Visionär in der Gesundheitsbranche geschätzt. Er hat einen in Schieflage geratenen Kurbetrieb im damaligen Zonenrandgebiet in einen privaten Krankenhausbetreiber umgewandelt und als erstes Unternehmen dieser Prägung in Deutschland an die Börse geführt. Anfangs wurde er als Rosinenpicker gebrandmarkt, der sich als privater Anbieter die hoch bezahlten Dienstleistungen sichert und die breite Gesundheitsversorgung den öffentlich-rechtlichen Anbietern überlässt. Dieses Image hat Rhön rasch abgelegt und sich mit Krankenhäusern der Allgemeinversorgung Ansehen verschafft. Münch war immer bemüht, mit neuen Ideen professioneller und wettbewerbsfähiger im Gesundheitsmarkt zu werden – und Vorbild für andere. Rhön galt lange Zeit als Vorzeigeunternehmen in der Branche. Gekrönt wurden die Bemühungen durch den Zuschlag für die Universitätskliniken Gießen und Marburg – die erste und bislang einzige Privatisierung in dem Segment hierzulande.Weniger erfolgreich verlief der Versuch, Rhön mit einem geeigneten Partner zu verbinden und die Zukunft des Unternehmens nach der Ära Münch zu sichern. Der vor knapp zehn Jahren eingeleitete Verkauf des Krankenhausbetreibers an den Wettbewerber Fresenius konnte nicht wie geplant durchgezogen werden, weil sich der Rivale Asklepios und der Krankenhauszulieferer B.Braun gegen dieses Vorhaben stemmten und sich bei Rhön einkauften. In einem gesellschaftsrechtlichen Schachzug wurde der Deal dadurch gerettet, dass Fresenius den Großteil der Rhön-Kliniken ohne Firmenmantel übernahm. Damit musste das Unternehmen als “Miniatur” mit fünf Standorten neu starten – immerhin blieben die Unikliniken im Konzern. Das Management entwickelte das Campus-Konzept, wo an einem Standort ambulant, stationär und in der Rehabilitation vernetzt Leistungen angeboten werden, und forcierte zudem die Digitalisierung zum Ausbau der Telemedizin. Aktionäre in PattsituationBei allen neuen Zukunftsvisionen war der strategische Spielraum durch die Pattsituation im Aktionärskreis begrenzt, zumal sich mit Münch, dem Asklepios-Gründer Bernard große Broermann sowie dem Oberhaupt der Eigentümerfamilie B.Braun, Ludwig Georg Braun, drei unnachgiebige Patriarchen gegenüberstanden. Sein 75. Geburtstag und der unabwendbare Ausstieg aus dem Aufsichtsrat veranlassten Münch dann aber offensichtlich, mit seinem Erzfeind Broermann in Kontakt zu treten und die Übernahme durch den Rivalen Asklepios einzuleiten. Der musste nicht lange überredet werden, zumal ein attraktiver Börsenkurs dazu einlud. Berater und BegleiterMünch hat seine Rhön-Anteile in ein Joint Venture mit Asklepios und Broermann eingebracht, zusammen kommen sie nach Ablauf der Übernahmefrist auf 93 %. Herr im Haus ist jetzt Asklepios als mit Abstand größte Aktionärin, den Aufsichtsratsvorsitz hat nun Jan Liersch, CEO der Holding von Asklepios-Eigner Broermann. Münch will noch nicht ganz abdanken und hat sich ausbedungen, als Generalbevollmächtigter von Rhön weitermachen zu können. Er verspricht, sich nicht ins operative Geschäft einzumischen, sondern will als Berater und Begleiter des Vorstands auftreten – und hofft, dass sein Wort auf offene Ohren stößt.