Amerikas Leitzins-Lenker (7)Christopher Waller

Ein Professor liebäugelt mit der Fed-Spitze

Spätestens im Mai 2026 wird US-Präsident Donald Trump einen neuen Notenbankchef ernennen. Chancen hat Christopher Waller, der ebenso wie Trump für niedrigere Zinsen plädiert.

Ein Professor liebäugelt mit der Fed-Spitze

Ein Wirtschaftsprofessor liebäugelt mit der Fed-Spitze

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Amerikas Leitzins-Lenker (7): Christopher Waller

Karriere hatte Christopher Waller (65) als Akademiker machen wollen. Nun, in einem Alter, in dem die meisten seiner Kollegen sich auf das Rentnerdasein freuen, ist das Vorstandsmitglied der US-Notenbank plötzlich als Nachfolger des amtierenden Fed-Chefs Jerome Powell im Gespräch. Powell liegt nämlich nicht nur mit US-Präsident Donald Trump im Clinch, der ihn unermüdlich drängt, die Zinsen zu senken. Auch gehen zwischen dem obersten Währungshüter und einem seiner unverblümtesten Vorstandskollegen die Meinungen in einem wichtigen Punkt auseinander.    

Powell hat nämlich unmissverständlich klargemacht, dass er sich mit einer Lockerung der geldpolitischen Zügel zurückhalten will. Notwendig sei es, zunächst abzuwarten, wie sich Trumps Einfuhrzölle auf die Wirtschaft auswirken. Der Chairman fürchtet, dass die Abgaben zu einem neuen Inflationsschub führen könnten. Anders schätzt hingegen Waller die Lage ein. Er räumt zwar ein, dass die Fed im Gefolge der Corona-Pandemie die Hartnäckigkeit der Teuerung unterschätzt habe. Deswegen hätten die Währungshüter zu lange gehadert, ehe sie begannen, den Leitzins hochzuschrauben.

Sorgen um Folgen der Zölle

Das sei aber diesmal anders, argumentiert nun Waller. „Die inflationären Effekte höherer Zölle werden temporär sein“, ist er fest überzeugt. Anzunehmen sei hingegen, dass die Folgen für die Beschäftigung und die Produktion „länger andauern werden“. Deswegen sollten die Konsequenzen für den Jobmarkt bei der Bestimmung des zinspolitischen Kurses den Ton angeben. Im Klartext: Die Fed soll lieber früher als später in Erwägung ziehen, den Geldhahn wieder aufzudrehen. Das ist auch ganz im Sinne des Präsidenten, der deswegen ein Auge auf seinen Parteifreund aus Nebraska als möglichen Fed-Chef geworfen haben soll.

Dabei sollte der Werdegang des Nationalökonomen, der mit seinen klaren Überzeugungen nicht hinterm Berg hält, ihn eigentlich nicht in die Chefetage der Notenbank führen. Nach seiner Promotion zog es den auf Makroökonomie spezialisierten Volkswirt nämlich in den akademischen Bereich. Waller bekam eine Position als Dozent an der Indiana University und hatte später einen Lehrstuhl an der University of Kentucky. 

Später Wechsel zur Notenbank

Sein Interesse an internationalen Wirtschaftsbeziehungen kam in dem Forschungsstipendium zum Ausdruck, das Waller kurz nach der Jahrtausendwende am Zentrum für Europäische Integrationsforschung der Universität Bonn wahrnahm. Danach übernahm er an der renommierten Notre-Dame-Universität in Indiana die Leitung der volkswirtschaftlichen Abteilung.

Der Wechsel von einer Karriere als Akademiker kam erst mit Anfang 50. 2009 wurde Waller Direktor der Forschungsabteilung an der Federal Reserve Bank von St. Louis. Dort spielte er eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des angesehenen „Federal Reserve Economic Data (FRED)“-Programms. Damit diente er sich zum Executive Vice President des Notenbankablegers in St. Louis hoch.

Eine Taube nach Trumps Geschmack

2019 nominierte Trump den Republikaner für einen Sitz im Notenbankvorstand, und der Senat bestätigte Waller mit einer hauchdünnen Mehrheit von 48 zu 47. Waller profilierte sich als „Taube“, die also tendenziell für eine lockere Zinspolitik plädiert. Das wiederum ließ ihn im Ansehen des Präsidenten steigen, der ohne Rücksicht auf die inflationären Folgen seiner Zölle niedrigere Zinsen fordert.

Unterdessen kommen in Wallers geldpolitischen Positionen seine Denkschemen als Akademiker zum Ausdruck. Er fordert einerseits, dass zinspolitische Entscheidungen streng datenabhängig sind. Gleichwohl warnt er davor, „weiche Daten“, etwa die Einkaufsmanagerindizes und Befragungen zur Verbraucherstimmung, überzubewerten. Ungeachtet der Zölle rechnet der Ökonom dieses Jahr mit Zinssenkungen. Er kann sich sogar vorstellen, dass die Fed bis zu dreimal die Zielzone für den Tagesgeldsatz heruntersetzen wird. Eine Überzeugung, die ganz im Sinne des Präsidenten ist.

Zwar mag es sein, dass Waller mit dem Chefsessel der Fed liebäugelt. Einstweilen will Powell, dessen Amtsperiode bis Mai 2026 läuft, aber nicht gehen. So lange müsste sich der Professor noch gedulden und warten, wer dann von Trump den Zuschlag für die Fed-Spitze bekommt.


Alle bisher erschienen Beiträge zur Serie „Amerikas Leitzins-Lenker“ finden Sie hier.

Von Peter De Thier, Washington
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