Mit António Costa wird ein erfahrener und geschickter Strippenzieher demnächst Präsident des EU-Rates. Die Staats- und Regierungschefs entschieden sich für den Sozialisten aus Portugal, obwohl dessen mögliche Verstrickung in einen Korruptionsskandal in seinem Umfeld noch nicht abschließend geklärt ist. Aus diesem Grund war er im November als Ministerpräsident seines Landes zurückgetreten. Der 62-jährige Jurist erfüllt jedoch die Quote der sozialdemokratischen Familie und kommt aus Südeuropa. Costa hat in seiner langen politischen Karriere viele Widerstände überwunden.

So landeten seine Sozialisten bei den Parlamentswahlen 2015 hinter den Konservativen. Dem früheren Bürgermeister von Lissabon gelang es jedoch erstmals, die Kommunisten, Linken und Grüne ins Boot zu holen. Seine Minderheitsregierung zeigte sich zur Überraschung von Freund und Feind sehr stabil. Costa gelang der Abbau des hohen Staatsdefizits bis zu einem ausgeglichenen Haushalt, wobei er trotzdem die harten sozialen Einschnitte während des Rettungsschirms für Portugal teilweise zurückdrehen konnte. Der Sozialist ist ein Gegner eines strikten Fiskalpaktes und plädiert für flexiblere Regeln für die Staatsfinanzen. Den Euro beschrieb er einmal als „den größten Bonus, den Europa an die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gegeben hat“.

Nach dem Sieg bei den Wahlen 2022 verlor der Sozialist trotz einer absoluten Mehrheit die Kontrolle. Die Skandale in der Regierung häuften sich, bis zu seinem Rücktritt Ende 2023, obwohl er sich keiner Schuld bewusst war. Costa versteht sich über seine politische Familie hinaus gut mit anderen Regierungschefs, sogar mit dem Ungarn Viktor Orbán.