DVAG-Lenker Andreas Pohl

Ein Unternehmer, zwei Zerrbilder

Nur wenige Firmenlenker in der Finanzindustrie sind so umstritten wie DVAG-Lenker Andreas Pohl. Der Firmenkult im Inneren und der Spott von außen stehen im Kontrast und bestärken einander.

Ein Unternehmer, zwei Zerrbilder

Ein Unternehmer, zwei Zerrbilder

jsc Frankfurt

Die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) ist nach eigener Lesart mehr als ein Unternehmen. Sie gleicht einer Familie. Ein Miteinander mache das Unternehmen aus, sagt Andreas Pohl, Sohn des verstorbenen Gründers Reinfried Pohl und Firmenchef des Finanzvermittlers. „Wir ziehen gemeinsam an einem Strang“, sagt er etwa, „die Vermögensberaterinnen und Vermögensberater sind Teil des Familienunternehmens und damit Teil einer starken Gemeinschaft.“ So steht es im Geschäftsbericht, der wie eine Werbebroschüre gestaltet ist.

Die Publikation zeigt Bilder von gefüllten Arenen, in denen viele der hauptberuflichen Vermittler auf den Rängen sitzen und etwa mit Fahnen das Firmenlogo nachbilden oder sich um ein Banner „Das sind wir!“ scharen. In der Präsentation kommen einige Vermittler zu Wort. „Ich habe erlebt, was für ein tolles Unternehmen das ist und wie viel für die Vermögensberater und deren Familien getan wird“, lässt sich ein junger Berater dabei zitieren. „Herzblut“, „Leidenschaft“, „starke Gemeinschaft“, „Erfolg durch Vielfalt“, „Zukunftsgewandtheit“, „Innovationskraft“ – an hochtrabenden Wörtern spart die Gesellschaft nicht. Mittendrin: Firmenlenker Andreas Pohl.

„Sektenähnliche Strukturen“

Jenseits des Unternehmens ist die Stimmung gegen Pohl und die DVAG zuweilen feindlich: „Sektenähnliche Strukturen“ und „Ausbeutung“ wirft der Verein Bürgerbewegung Finanzwende dem Unternehmen vor und beruft sich auf ehemalige Vermittler. Auch an Parteispenden der DVAG, die demnach primär an CDU und FDP fließen, sowie an der provisionsbasierten Vermittlung stößt sich der finanzbranchenkritische Verein.

Auch der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann schimpfte über das Unternehmen. „Die DVAG ist nichts anderes als ein Pyramidensystem, in dem es nur um eines geht: verkaufen, verkaufen, verkaufen.“ Über den Firmenlenker spottet er: „Das Business-Talent hat Andreas von seinem Vater Reinfried Pohl übrigens praktisch schon ins Portemonnaie gelegt bekommen.“ Einen Auftritt Pohls, auf dem er mit seinen Händen ein Herz formte, äffte der Komiker dabei in der Sendung „Magazin Royale“ nach.

Ein großer Vertrieb

Die DVAG ist eine einflussreiche Adresse: Rund 18.000 Vermögensberater arbeiten nach Unternehmensangaben hauptberuflich für die Firma, allein mit Lebensversicherungen erzielten sie im vergangenen Jahr ein Neugeschäft von 17,4 Mrd. Euro, im Bausparen 4,5 Mrd. Euro und im Segment Investment 2,9 Mrd. Euro. Zu den Partnern zählen etwa Generali, HypoVereinsbank, DWS und Allianz Global Investors. 1,66 Mrd. Euro wendete der Konzern im vergangenen Turnus für Beratung und Vermittlung auf, also rund 92.000 Euro auf jeden hauptberuflichen Vermittler, die als selbständige Kräfte für die DVAG tätig sind. Unterm Strich erzielte das Unternehmen einen Jahresüberschuss von 272 Mill. Euro.

Verlässliche Daten zur Qualität der Beratung sind rar. Die Stiftung Warentest unterzog 2013 und 2014 verschiedene Allfinanzvertriebe einer Prüfung und gab auf Basis von fünf Testfällen der DVAG die Note „Gut“ (2,5) für Statuserfassung und Gesprächsverlauf, „befriedigend“ (2,6) für Produktempfehlung und „ausreichend“ (4,2) für Informationsqualität. Kein Ruhmesblatt, aber auch kein Skandal.

Kontrast kultiviert

Es scheint, als nährten sich beide Zerrbilder gegenseitig: Je stärker Spott und Kritik ausfallen, desto mehr riegelt sich das Unternehmen ab, wo sich Pohl selbst nach Belieben in Szene setzen kann. Damit aber wiederum verstärkt er das Befremden nach außen. Die Zerrbilder werden auch künftig kultiviert.

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