Erste Aufgabe für Dialogs neuen Finanzvorstand
Von Isabel Gomez, StuttgartSeine erste Amtshandlung hätte gut und gerne die Durchführung einer Milliardenübernahme sein können. Doch sechs Wochen bevor Wissam Jabre zum neuen Finanzvorstand des deutsch-britischen Halbleiterherstellers Dialog Semiconductor ernannt wurde, hatte der Konzern den geplanten Kauf des US-Wettbewerbers Atmel auf Druck der Dialog-Aktionäre und angesichts eines höheren Gegenangebotes abgeblasen.Seit April ist Jabre nun im Amt, und als erste große Aufgabe soll er den Rückkauf eigener Aktien in einem Volumen von bis zu 10 % des Stammkapitals durchführen. Für die erste Tranche, 590 000 Aktien zu einem Durchschnittkurs von 27,64 Euro je Papier, hat Jabre Barclays als Broker ausgewählt. Börsenkurs fast halbiertMisslungene Fusionen und die Nachfrageschwäche bei Smartphones haben die im TecDax notierte Dialog-Aktie in den vergangenen Monaten unter Druck gesetzt. Seit vor knapp einem Jahr erste Gerüchte über das Interesse des Konzerns an Atmel laut wurden, hat sich der Börsenkurs fast halbiert. Die Hoffnung ist, dass der Aktienrückkauf einem weiteren Wertverlust vorbeugt. Schwieriger als die Koordination des Rückkaufprogramms werden die Aufgaben, die auf Jabre künftig zukommen. Gemeinsam mit Vorstandschef Jalal Bagherli soll er Dialog durch die Schwächen des Smartphone-Marktes manövrieren und neue Kunden und Märkte finden. Dialog leidet operativ unter dem Nachfragerückgang bei Smartphones und musste deshalb bereits die Umsatzerwartungen für 2016 anpassen. Zwar versucht der Konzern, sich breiter aufzustellen. Analysten schätzen jedoch, dass nach wie vor gut 75 % des Umsatzes mit Chips für die iPhones von Apple gemacht werden. Dialog hat dem nie widersprochen.Bisher scheiterten die Versuche, den Kundenstamm und die Zielindustrien durch eine Übernahme schlagartig zu erweitern. Vor der geplanten Atmel-Übernahme für 4,6 Mrd. Dollar im vergangenen Jahr wollte Dialog 2014 mit der österreichischen AMS zusammengehen. Die Fusion scheiterte an Differenzen über Preis und Strategie.Für Dialog geht es daher derzeit eher in kleinen Schritten in Richtung Diversifizierung. Künftig wird etwa der chinesische Konzern Xiaomi mit Chips für seine neueste Generation sogenannter Wearables, zum Beispiel Fitness-Armbänder, beliefert. Das Umsatzpotenzial wird auf 45 Mill. Dollar taxiert, bei Konzernerlösen von zuletzt 1,35 Mrd. Dollar.Bagherli schließt trotz der zuletzt schlechten Erfahrungen eine Übernahme nicht aus, wenngleich es sich dabei eher um kleinere Firmen handeln dürfte (vgl. BZ vom 9. März). Bei der Einschätzung möglicher Übernahmekandidaten kann er nun auch auf die Erfahrung von Jabre in der Halbleiterindustrie zurückgreifen. Jabre war zuletzt Finanzvorstand beim US-amerikanischen Chiphersteller AMD. Davor hatte er gut zehn Jahre Führungspositionen im Finanzbereich des texanischen Halbleiterherstellers Freescale inne und war für Motorola tätig. Nach seinem Bachelor-Abschluss in Elektrotechnik erhielt Jabre 1998 seinen MBA-Abschluss von der Columbia Business School in New York.