EU-Kommission bereitet der Lufthansa Kopfzerbrechen
EU-Kommission bereitet Lufthansa Kopfzerbrechen
lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Für die Lufthansa läuft bei der geplanten Übernahme der italienischen Fluggesellschaft ITA der Countdown. Dabei im Zentrum des Geschehens steht Didier Reynders. Der Belgier hatte im Herbst vergangenen Jahres von Margrethe Vestager in der EU-Kommission die Zuständigkeit für die EU-Wettbewerbspolitik übernommen und war deshalb nun schon seit Monaten mit den Vorverhandlungen zu dem Deal befasst. Darum wird wohl auch er entscheiden, ob die Transaktion zwischen der deutschen und der italienischen Airline zustande kommt und unter welchen Bedingungen. Daran dürfte auch nichts ändern, dass Vestager ihre Position wieder übernommen hat, nachdem sie bei der Europäischen Investitionsbank nicht zum Zuge gekommen ist. Denn schon in wenigen Tagen läuft in Brüssel die erste Frist im Übernahmepoker ab.
Kein Selbstläufer
Ein Selbstläufer wird die Übernahme in Italien für die Lufthansa sicher nicht. Kurz nachdem Reynders in Vestagers Fußstapfen getreten war, hatte er in einem Interview gleich mal strengere Kartellauflagen für Airline-Fusionen angekündigt. „Wir stellen fest, dass einige Ausgleichsmaßnahmen nicht effektiv sind“, sagte der ehemalige belgische Vizepremierminister der „Financial Times“. Dies gelte insbesondere für die Preisgabe von Start- und Landerechten – bisher die gängigste Auflage in Fusionskontrollverfahren im Luftfahrtsektor. Stattdessen könnte die EU-Kommission laut Reynders in Zukunft eine Abtretung von Vermögenswerten an Wettbewerber verlangen – etwa Flugzeuge, Cargosparten oder Verträge mit Abfertigungsdienstleistern. Allein der Gedanke an solche Forderungen dürfte manchem Airline-Manager Schweißperlen auf die Stirn treiben. Reynders ist seit 2019 der für Justiz zuständige Kommissar in der EU-Kommission und führte nun beide Ressorts mehrere Monate parallel. Bevor er in die Kommission einzog, war der 65-jährige Jurist unter anderem belgischer Außen- und Finanzminister.
Lufthansa hat den ITA-Deal Anfang Dezember in Brüssel angemeldet, die erste Prüfphase läuft bis 15. Januar. Zu diesem Stichtag kann die EU-Kommission die Übernahme entweder unter Auflagen freigeben oder eine genauere Untersuchung eröffnen. Für ein Phase-2-Verfahren hätte die Behörde weitere 90 Tage Zeit. Der italienische Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti rechnet mit einem solchen Phase-2-Verfahren, wie er kürzlich erklärte. Bis zu 90 Tage lang werden dann die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb im europäischen Luftverkehr eingehend untersucht. Die Prüfung startet dabei nicht bei null. In zähen Vorverhandlungen hatten Lufthansa und Kartellbehörde Streitthemen auszuräumen versucht. Dabei soll es kräftig gekracht haben, wie die Zeitung "Corriere della Sera" schreibt. Die EU soll Forderungen aufgestellt haben, die für Lufthansa inakzeptabel seien. So will offenbar Brüssel, dass nicht nur Lufthansa und ITA, sondern auch weitere Töchter wie Brussels Airlines und Swiss Slots aufgeben. Auch beim Verkehr Richtung Nordamerika soll die EU schon Einschränkungen gefordert haben. Das Lufthansa-Management zeigt sich im Gespräch zuweilen ziemlich genervt über das Brüsseler Vorgehen. Anders als in den USA, wo nach einer tiefgehenden Konsolidierung nur noch einige wenige große Carrier den Markt beherrschen, gleicht die europäische Branche noch mehr einem Flickenteppich. Ein auskömmliches Wirtschaften werde so für alle schwierig, heißt es in der Branche.
Deutliche Kritik
Heftig kritisiert hat die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die EU-Kommission vor dem Prüfverfahren, als von zähen Verhandlungen im Vorfeld die Rede war. „Es ist seltsam, dass die EU-Kommission die Lösung des ITA-Problems blockiert“, sagte Meloni auf dem G20-Gipfel. „Dieselbe Europäische Kommission, die uns seit Jahren auffordert, eine Lösung für das ITA-Problem zu finden, blockiert diese, wenn wir eine Lösung für das ITA-Problem finden. Wir haben also kein Verständnis mehr und möchten eine Antwort“, sagte Meloni.
„Wir wissen, dies ist eine wichtige Akte“, erklärte Reynders nach der Anmeldung der Transaktion in Brüssel. Die EU-Kommission werde den Fall „so schnell wie möglich“ bearbeiten. Neben dem Lufthansa-ITA-Deal müssen die Wettbewerbshüter unter anderem auch die geplante Komplettübernahme von Air Europa durch den britisch-spanischen Airline-Konzern IAG und die Beteiligung von Air France-KLM an SAS prüfen. Dann wieder unter Federführung von Margrethe Vestager.