Euronext-Chef Boujnah präsentiert neuen Strategieplan
Euronext-Chef Boujnah präsentiert Strategie
wü Paris
Er habe aus Euronext eine M&A-Maschine gemacht, ein kleines Europa, sagt der frühere Lazard-Banker Matthieu Pigasse über Euronext-Chef Stéphane Boujnah. Und Jean-Claude Trichet, der frühere Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), zählt die Mehrländerbörse neben Airbus und der EZB zu den drei großen paneuropäischen Erfolgen. Das hat der Börsenbetreiber auch Boujnah zu verdanken, denn seit er 2015 das Ruder übernommen hat, ist Euronext dank Übernahmen zum größten Börsenbetreiber Europas geworden.
Diesen Freitag werden sich alle Scheinwerfer auf den ehemaligen Investmentbanker richten, wenn er Investoren während eines Kapitalmarkttages den neuen Strategieplan von Euronext präsentiert. Externes Wachstum dürfte dabei erneut eine Rolle spielen, nachdem die Mehrländerbörse die Integration der vor drei Jahren übernommenen Borsa Italiana gerade abgeschlossen hat. Eine Kombination von Euronext „mit jeder großen Börse in Europa“ würde eine Menge Synergien erzeugen, erklärte der 60-Jährige im Sommer. Wen er dabei im Auge hat, sagte er zwar nicht. Doch nach Ansicht von Beobachtern kämen die zur Six gehörende Bolsas y Mercados Españoles (BME) in Madrid oder die Nasdaq Nordics mit Handelsplätzen in Stockholm und Island als mögliche Akquisitionsziele infrage.
Kein Interesse an Übernahmen in Schwellenländern
Der Absolvent des renommierten Institut d’Etudes Politiques („Sciences Po“), der auch an der Sorbonne und in Canterbury studierte und sich dabei auf Wirtschaftsrecht spezialisierte, setzt bei Übernahmen auch verstärkt auf die ESG-Thematik sowie Technologie- und Datendienste. Das soll helfen, Euronext breiter aufzustellen und unabhängiger von volumenabhängigen Einnahmen machen. Dagegen ist der Vater von vier Kindern nicht an Übernahmen in Schwellenländern etwa in Afrika interessiert.
Damit die Integration nach Übernahmen schnell und effizient erfolgen könne, müsse es einen einheitlichen oder konvergenten regulatorischen Aufsichtsrahmen geben, sagte er der französischen Wirtschaftszeitung „La Tribune“. Euronext könnte aber Schwellenländern die Technologie liefern, wie es das bereits für Tunis, Beirut, Muscat und Amman tue. Bei den sieben Börsenplätzen aus Belgien, Frankreich, Irland, Italien, den Niederlanden, Norwegen und Portugal, die inzwischen zu Euronext gehören, gibt es nur eine einzige Plattform, nur ein einziges Orderbuch und ein Buch mit Regeln. „Das Haus ist super-integriert, aber hat sieben verschiedene Eingangstüren“, erklärt Boujnah, der zu den Mitbegründern von SOS Racisme gehört und früher Mitglied der sozialistischen Partei Frankreichs war.
Museumsbesuche, um Länder zu verstehen
Die Frage sei, wie man zusammenarbeiten, dabei aber den Stolz und die kulturellen Besonderheiten jedes Einzelnen respektieren könne, sagte der überzeugte Europäer „Les Échos“. Für ihn bestehe die Methode darin, Konvergenzen und komplizierte, ineffiziente Angleichungen zu vermeiden und stattdessen direkt auf dieselben Regeln und Produkte für alle zu setzen. Der Euronext-Chef, der früher als Investmentbanker für Credit Suisse First Boston, Santander und Deutsche Bank tätig war, versucht immer, ein Land zu verstehen, wenn er eine neue Übernahme plant. Dafür gebe es nichts Besseres, als ein Museum zu besuchen, das auf dem Programm von Schulklassen stehe, findet er.
„In Europa gibt es kein kleines oder großes Land, sondern nur große Nationen mit ihrem jeweiligen wertvollen Schatz.“ Bei den Aktionären kommt die Strategie Boujnahs an. Sie haben das Mandat des in Grenoble geborenen Managers im Mai 2023 für vier Jahre verlängert. Seine Karriere hat Boujnah einst in der Anwaltskanzlei begonnen, bevor er zusammen mit Pigasse als Berater für Dominique Strauss-Kahn, damals Wirtschafts- und Finanzminister Frankreichs, tätig war.