Ex-Linde-CFO führt Holding von Lutz Helmig
Von Walther Becker, FrankfurtEr war im Streit mit Prof. Wolfgang Reitzle bei Linde ausgeschieden, jetzt ist Georg Denoke neuer CEO der Beteiligungsgesellschaft Aton. Hinter dieser Holding steht mit Dr. Lutz Helmig (72) ein Arzt und Unternehmer, der 2005 die Krankenhauskette Helios für 1,5 Mrd. Euro an Fresenius veräußert hatte und seine Mittel seitdem diversifiziert investiert. Am 13. September 2016 wurde dem heute 53-jährigen Denoke in München der Stuhl vor die Tür gesetzt – einen Tag nachdem der erste Anlauf der Fusion von Linde mit dem US-Rivalen Praxair gescheitert war. Für den Dax-Konzern war der Betriebswirtschaftler seit Anfang 2007 als CFO tätig gewesen.Denoke folgt nun bei der Aton auf Thomas Eichelmann, den langjährigen Vertrauten Helmigs. Und er übernimmt auch die Führung des Family Office der Familie. Helmig erhofft sich von Denoke, dass er der Aton “neue Ziele” eröffnet. Eine komplexe M & A-Transaktion läuft schon länger: Aton versucht seit geraumer Zeit, in einem zweiten Anlauf den südafrikanischen Bau- und Minenkonzern Murray & Roberts zu übernehmen, bei dem sie schon länger Großaktionär ist. Doch dessen Management sträubt sich wie schon einmal 2016. Hier kann Denoke seine M & A-Expertise einbringen. Der technikaffine Betriebswirt und Informationswissenschaftler löst Eichelmann in der Aton-Geschäftsführung ab, der bei der gelisteten Tochter Edag dem Verwaltungsrat vorsitzt. Eichelmann hat in den vorigen acht Jahren die Unternehmensgruppe restrukturiert und auch mit M & A weiterentwickelt. Der gebürtige Northeimer Denoke ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und leitet den Prüfungsausschuss von SGL Carbon, wo die Quandt-Erbin Susanne Klatten Großaktionärin ist. Von 1986 bis 2001 hatte er Positionen bei Mannesmann beziehungsweise Vodafone inne. Im Rahmen seines Studiums arbeitete er von 1986 bis 1990 für Mannesmann Kienzle. 1997 wurde er Prokurist der Mannesmann AG und leitete das Corporate Controlling. Von 1999 an verantwortete er Corporate Communications & Investor Relations. Nach der Übernahme des Ruhrkonzerns durch die Briten wurde Denoke 2000 Geschäftsführer von Telecommerce & IT und rückte in den European Board des Konzerns ein. Wenig später zog es ihn als CEO zu Apollis, damals eine Beteiligung von General Atlantic, Greenwich und McKinsey. Mit Reitzle überworfen 2004 holte ihn Reitzle als Mitglied des Bereichsvorstands und CFO der Sparte Gases & Engineering zu Linde. Im September 2006 – damals managte Linde die 12 Mrd. Euro schwere Übernahme des größeren Rivalen BOC – wird er zum Mitglied des Vorstands ernannt. Anfang 2007 übernahm er auf Konzernebene die Position des Finanzchefs und Arbeitsdirektors. Denoke war an dem BOC-Deal ebenso wie an der Übernahme des US-Homecare-Unternehmens Lincare für 3,6 Mrd. Euro 2012 maßgeblich beteiligt. Und er managte Finanzierung und Refinanzierung der beiden großen Transaktionen. Schon als Reitzle noch Linde-Chef war, brodelte es hinter den Kulissen – intern hieß es, Denoke mache sich Hoffnungen auf die Nachfolge, die ihm Reitzle aber nicht zutraute. Denoke hatte sich dann intern gegen die Praxair-Fusion ausgesprochen. Und geriet darüber sowohl mit deren Verfechter Reitzle als auch dem damaligen CEO Wolfgang Büchele über Kreuz. Auch der Vorstandsvorsitzende ging wenige Monate später – und ist seit März 2017 Chef des Anlagenbauers M + W, eines potenziellen Börsenkandidaten. Faible für schnelle Schlitten Anfang 2010 hatte Helmig Eichelmann engagiert. Beide verbindet seit langem ihr Faible für alte, neue und schnelle Autos. Eichelmann hatte zuvor von Anfang Juli 2007 bis Ende April 2009 als Finanzvorstand der Deutschen Börse im Zentrum der Finanzmärkte agiert. Wegen eines Zerwürfnisses mit dem damaligen CEO Reto Francioni war er noch vor Ablauf seiner ersten dreijährigen Amtszeit ausgeschieden. Er leitete eine Zeit lang den Aufsichtsrat des Baukonzerns Hochtief. Rege M & A-AktivitätenWährend hierzulande Investments abgegeben wurden, hat die Aton ihr Engagement in Südafrika erhöht. So wurde zuletzt die Offerte für den dortigen Bau- und Minenkonzern Murray & Roberts, der an der Johannesburger Börse mit umgerechnet knapp 500 Mill. Euro bewertet wird, erhöht. Dort soll Aton inzwischen auf gut 44 % aufgestockt haben. Im Zug des “unsolicited” Deals hat sich Aton gerade eine Sperrminorität an Aveng gesichert, die ins Fadenkreuz von Murray & Roberts geraten war – als Teil der Abwehr von Aton. Hierzulande stieß die Holding erst kürzlich den deutschen Autozulieferer FFT an die chinesische Fosun ab. Zuvor wurde mit Haema der größte Blutspendedienst an Grifols veräußert und die vormals börsennotierte WOM World of Medicine in die USA veräußert. Aton ist mit 70,7 % Großaktionär der gelisteten Autoingenieurfirma Edag, die den Sitz nach Arbon in der Schweiz verlegt hatte. Helmig hatte sich zeitweise mit meldepflichtigen Anteilen in Lufthansa, Dürr und den Finanzdienstleister W & W eingekauft. Im März 2017 wurde er neuer Hauptaktionär der V-Bank. Im Sommer vorigen Jahres taxierte “Forbes” sein Vermögen auf 2,2 Mrd. Dollar.