Ex-VW-Personalmanager vor Gericht
dpa-afx/ste
Am Landgericht Braunschweig hat am Dienstag der Strafprozess gegen die früheren Volkswagen-Personalvorstände Karlheinz Blessing und Horst Neumann sowie zwei ehemalige Personalchefs der Marke VW wegen des Verdachts der Untreue bzw. Untreue im besonders schweren Fall begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, zwischen Mai 2011 und Mai 2016 insgesamt fünf Betriebsratsmitgliedern, darunter dem früheren Konzernbetriebsratschef und heutigen Traton-Personalvorstand Bernd Osterloh (64), überhöhte Gehälter und Boni gewährt zu haben, auf die diese keinen Anspruch gehabt hätten. Dadurch sei dem VW-Konzern ein Schaden entstanden, den die Behörde bei Anklageerhebung im Herbst 2019 mit insgesamt gut 5 Mill. Euro beziffert hatte. Allein auf Osterloh entfiel demnach eine ungerechtfertigte Vergütung von 3,12 Mill. Euro.
Das Verfahren begann zunächst mit der Verlesung der Anklage. Die Angeklagten hätten in insgesamt 26 Einzeltaten „ihre Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht“, sagte Staatsanwältin Sonja Walther. Die überzogenen Betriebsratsbezüge hätten bei VW einen „Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt“. Es ist juristisch aber umstritten, wie gut leitende Betriebsräte bezahlt werden dürfen. Die Verteidigung argumentiert etwa, das jahrzehntelang nicht durchgängig reformierte Betriebsverfassungsgesetz biete hierzu keine klaren Maßstäbe.
Die angeklagten Manager wiesen den Untreue-Vorwurf auch am ersten Verhandlungstag zurück. „Ich bin nicht im Ansatz davon ausgegangen, ich könnte Herrn Osterloh und andere unrechtmäßig begünstigen“, sagte Blessing. Der 64-Jährige, von Anfang 2016 bis zum Frühjahr 2018 beim größten Fahrzeugkonzern Europas für Personalfragen verantwortlich, unterstrich, man habe ihm damals mitgeteilt, beim Thema Gehaltseingruppierung sei „alles rechtlich geprüft und in Ordnung“. Blessing: „Ich halte den gegen mich gerichteten Vorwurf der Anklage für unbegründet.“ Es sei darüber hinaus klar gewesen, dass Osterloh und andere höhere Betriebsräte – de facto Management-Positionen vergleichbar – viel Erfahrung sowie eine „beachtliche und strategische Qualifikation“ erworben hätten. Daher seien die genehmigten Gehälter auch angemessen gewesen. Im Spitzenjahr 2014 sollen Osterloh, der von 2005 bis 2021 Vorsitzender des VW-Konzernbetriebsrats war, rund 750 000 Euro zugeflossen sein.
Neumann (72), VW-Personalchef bis 2015, erklärte, der Autobauer sei aus einer großen Krise geführt worden, nachdem er 2005 von Peter Hartz übernommen hatte. Bei der Bezahlung der Betriebsräte habe man sich stets an Gesetzesvorgaben gehalten: „Diese Arbeitnehmervertreter verhandeln auf Augenhöhe mit dem Management.“ Es könne keine Lösung sein, sie immer weiter auf dem Niveau ihres Einstiegsgehalts zu bezahlen. Das gelte vor allem für Osterloh. „Wir hätten ihn sicher nicht als Pförtner eingesetzt.“
Ein weiterer Angeklagter konterte die Vorwürfe noch entschiedener. Er habe bei der Abschätzung des Gehalts etwa für Osterloh im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gehandelt. Osterloh wie Mitglieder einer Vergleichsgruppe auf Basis seiner alten Anfangsqualifikation vor der Betriebsratskarriere zu bezahlen, wäre demnach keine Option gewesen: „Das ist in meinen Augen absurd.“ Der vierte Manager wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern.