Fabian Siegel versucht Börsen-Neustart mit Marley Spoon
Siegels Börsen-Neustart mit Marley Spoon
hek Frankfurt
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Fünf Jahre nach dem Börsengang im fernen Australien ist Fabian Siegel, CEO und Mitgründer von Marley Spoon, zurück in Deutschland. Dank der Übernahme durch den Wagniskapitalgeber 468 Capital aus Berlin notiert der Kochboxenversender nun an der Frankfurter Börse. Der Zusammenschluss mit 468 Spac II ist unter Dach und Fach, das Abfindungsangebot für die noch ausstehenden CDIs, die in Australien gelistet sind, soll im August starten. Ziel ist, den Anteil an dem Unternehmen von derzeit 84% auf 100% zu hieven, gefolgt vom Delisting in Down Under.
Kursdesaster in Australien
In einer Verlautbarung zum Start an der Frankfurter Börse bejubelt Firmenchef Siegel die Heimkehr mit den Worten: “Heute ist ein fantastischer Tag für Marley Spoon.” Frankfurt sei der “natürliche Börsenplatz” für das Unternehmen, da technologische Affinität und Liquidität höher seien. Im Umkehrschluss drängt sich der Eindruck auf, dass der Umweg über Australien unter dem Strich keine rundum überzeugende Idee war. Siegel selbst spricht in einem Interview davon, in Sydney ein Exot gewesen zu sein. Doch für eine Notierung in Frankfurt war das Unternehmen damals wohl noch reichlich klein.
Die Börsenperformance in Australien ist für Investoren eine große Enttäuschung. Derzeit bewegt sich der Kurs bei lediglich 12 austr. Cent. Nach dem Börsenstart im Sommer 2018 waren es mehr als 1 Dollar und in Spitzenzeiten mehr als 3 Dollar. Emittiert wurde das Wertpapier seinerzeit zu 1,42 austr. Dollar.
Mit den 468-Capital-Mitgründern Alexander Kudlich und Ludwig Ensthaler verbindet Siegel die Vergangenheit beim Start-up-Finanzierer Rocket Internet. In Frankfurt profitiert er von der Vorarbeit des sehr viel größeren Wettbewerbers Hellofresh. Der Konkurrent, der zwischenzeitlich sogar im Dax vertreten war, verfügt über eine breite Investoren- und Analystenbasis, die das Kochboxen-Geschäftsmodell versteht. Das kann nur gut sein für Marley Spoon. Zumal es weitere Gemeinsamkeiten gibt: Wie Hellofresh ist Marley Spoon in Berlin zu Hause. Beide Unternehmen stammen aus dem Stall von Rocket Internet.
In der Berliner Gründerszene steht der im Mai 1975 geborene Siegel im Schatten von Start-up-Größen wie Niklas Östberg vom Online-Essensdienst Delivery Hero, Hellofresh-Chef Dominik Richter oder den Zalando-Initiatoren Robert Gentz und David Schneider. Dabei verfügt Siegel über eine lange Gründer-Vita. Schon zu Studienzeiten brachte der diplomierte Volkswirt ein Onlineauktionshaus namens Auctionet auf den Weg. Von März 2000 bis Ende 2007 setzte Siegel als Chief Technology Officer den Bezahldienst Clickandbuy auf die Schiene, der von der Deutschen Telekom übernommen wurde, aber 2016 den Betrieb einstellte. Auch das Finanz-Start-up Strateer hob Siegel als Mitgründer und CEO aus der Taufe, und als Co-CEO war er gut zwei Jahre maßgeblich in den Aufbau von Delivery Hero involviert. Als Partner von Global Founders Capital, die dem Umfeld von Rocket Internet und damit den Samwer-Brüdern zuzuordnen ist, kennt er auch die Investorenseite.
Gewinnzone im Blick
Im Mai 2014 gründete Siegel zusammen mit Till Neatby Marley Spoon. Derzeit ist das Unternehmen in Australien, den USA und fünf europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark und Niederlande) unterwegs. Der Umsatz kletterte im vergangenen Jahr auf 401,2 (2021: 322,4) Mill. Euro. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) blieb rot, wenngleich der Verlust deutlich zurückging. Siegel räumt jetzt der Profitabilität höheres Gewicht ein und investiert weniger ins Wachstum. Das soll den Weg in die Gewinnzone ebnen. Allerdings bröckelt die Käuferbasis: Die Zahl der aktiven Kunden lag im ersten Quartal 2023 mit 394.000 um 13% unter dem Vorjahreswert. Ukraine-Krieg, Inflation und Wirtschaftsflaute bremsen. Der Quartalsumsatz schrumpfte um 11%. Gleichwohl will Siegel im Gesamtjahr beim operativen Ebitda über die Nulllinie kommen.