Fed-Präsident von Atlanta

Führender US-Notenbanker gerät wegen Trading-Aktivität in Bedrängnis

Der Präsident der Fed von Atlanta steht unter Druck, weil Finanzberater für ihn während Sperrfristen Wertpapiere gehandelt haben sollen. Damit setzt sich eine der schwersten Reputationskrisen in der Geschichte der US-Notenbank fort.

Führender US-Notenbanker gerät wegen Trading-Aktivität in Bedrängnis

Fed-Präsident Bostic wegen Trading-Aktivität in Bedrängnis

Von Alex Wehnert, New York

Eine der schwersten Reputationskrisen in der Geschichte der Federal Reserve findet kein Ende. So gerät Raphael Bostic, Präsident des Fed-Ablegers in Atlanta, wegen dubioser Transaktionen in Bedrängnis. Gemäß einem zur Wochenmitte veröffentlichten Bericht des Generalinspekteurs der Notenbank hat der heute 58-Jährige seit seinem Amtsantritt im Jahr 2017 wiederholt gegen Compliance-Auflagen verstoßen – im Fokus stehen dabei 154 Trades, die Finanzdienstleister für ihn während Kommunikationssperren vor Zinssitzungen ausgeführt haben sollen.

Zweifel an Unabhängigkeit

Damit habe er „den Eindruck, auf Basis vertraulicher Informationen des Offenmarktausschusses zu handeln“ und „den Anschein von Interessenskonflikten erweckt“, heißt es in den Ergebnissen der vom Fed-Vorsitzenden Jerome Powell beauftragten Untersuchung. Bostic habe geglaubt, dass Trades während sogenannter Blackout-Perioden regelkonform seien, solange er sie nicht selbst ausführe. Dennoch könnten die Transaktionen Zweifel an seiner Unabhängigkeit auslösen.

Der Präsident der Fed von Atlanta habe freien Zugriff auf Informationen über die fraglichen Trades gehabt, diese aber gezielt ignoriert. Bostic selbst hat bereits ausgesagt, dass er seine monatlichen Depotauszüge stets geschreddert und lediglich elektronische Aufstellungen zum Jahresende überflogen habe.

Verwaltungsrat berät über Konsequenzen

Nachdem der gebürtige New Yorker grundsätzliche Freigaben für Transaktionen erhalten habe, fühlte er sich laut dem Büro des Generalinspekteurs nicht mehr an Blackout- und Offenlegungspflichten gebunden. Auch Bostics Positionen bei US-Staatsanleihen seien nicht regelkonform, da sie über dem internen Fed-Limit von 50.000 Dollar lägen. Claire Lewis Arnold, die Vorsitzende des Verwaltungsrats der Fed von Atlanta, betonte, ihr Gremium nehme „die Angelegenheit ernst“. Das gesamte Board werde über die Ergebnisse des Untersuchungsberichts und mögliche Konsequenzen diskutieren.

Auch Trades von Fed-Chef Jerome Powell haben bei Prüfern Fragen aufgeworfen. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jose Luis Magana.

Die Fed hatte Anfang 2022 härtere Trading-Auflagen für ihre Spitzenkräfte eingeführt und diesen den Handel mit einzelnen Aktien, Kryptowährungen, Devisen und Rohstoffen sowie Leerverkäufe von Wertpapieren verboten. Für Anlagen in Aktienfonds gelten seither strengere Beschränkungen und Transparenzpflichten. Damit versucht die Notenbank, einen Skandal um die Aktivitäten von Top-Offiziellen während der Coronakrise hinter sich zu lassen. Die Präsidenten der Ableger in Dallas und Boston, Robert Kaplan und Eric Rosengren, waren 2021 zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, dass sie während Marktinterventionen der Fed in der Frühphase der Pandemie Aktientrades getätigt hatten.

Beiden konnte der Generalinspekteur in anschließenden Untersuchungen zwar kein Fehlverhalten nachweisen, das öffentliche Vertrauen in die Notenbank litt allerdings unter den Vorfällen. Auch der damalige Vize-Vorsitzende der Fed, Richard Clarida, trat Anfang 2022 zwei Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit nach einer Kontroverse um seine Trading-Aktivitäten zurück und wurde später ebenso von Vorwürfen freigesprochen wie der amtierende oberste Währungshüter Powell.

Hoffnungsträger stürzt ab

Auch Bostic ist nicht zum ersten Mal auffällig geworden. Bereits 2022 war bekannt geworden, dass Finanzdienstleister während Blackouts für ihn gehandelt hatten. Ethikbeauftragte der Fed teilten mit, dass der Harvard-Absolvent, der zudem in Stanford in Wirtschaftswissenschaften promovierte, für jedes seiner Amtsjahre unvollständige Offenlegungsdokumente eingereicht hatte. Ein Jahr später wurden neue Verstöße offenbar, die der Generalinspekteur nun bestätigt hat. Für Bostic, der als erster Afroamerikaner und erster offen Homosexueller einen Fed-Ableger führt und einst als Chef der Notenbank oder sogar US-Finanzminister im Gespräch war, wird die Luft damit dünn.