Triebwerkbauer

Gegenwind für MTU-CEO Lars Wagner

Lars Wagner führt MTU Aero Engines seit Anfang 2023. Der umfangreiche Triebwerkrückruf ist seine erste große Bewährungsprobe an der Spitze des Münchner Dax-Konzerns.

Gegenwind für MTU-CEO Lars Wagner

Bewährungsprobe für MTU-CEO Lars Wagner

Von Stefan Kroneck, München

Als Lars Wagner Anfang des Jahres bei MTU Aero Engines die Nachfolge seines langjährigen Amtsvorgängers Reiner Winkler antrat, schien für den neuen Vorstandsvorsitzenden die Welt in Ordnung. Deutschlands größter Triebwerkshersteller befand sich auf einem strammen Erholungskurs von der Coronakrise. Der 47-Jährige konnte im ersten Halbjahr mit sehr guten Konzernzahlen aufwarten.

Doch im Sommer stürzte die Aktie des Dax-Mitglieds ab. Der Titel büßte ein Viertel an Wert ein. Von der Kurstalfahrt hat sich das Papier bislang nicht erholt.

Schelte von Anlegern

Am Markt bezog das Münchner Unternehmen von den Anlegern eine Schelte, die eigentlich der US-Kooperationspartner Pratt & Whitney (PW) verdient hatte. Der falsche Einsatz eines Spezialpulvers führte dort zu Mängeln bei der Fertigung von Triebwerken für den Airbus-Verkaufsschlager, das Mittelstreckenflugzeug A320neo. Die Fehler sind zwar behoben, doch die Nachbearbeitung des Themas führt zu einer groß angelegten Rückrufaktion, um Hunderte betroffene Maschinen zu inspizieren. MTU ist deshalb davon betroffen, da die Firma mit 18% an dem Programm von PW beteiligt ist. Auch Wagner spürt deshalb den Gegenwind. Für den CEO ist das eine unschöne Entwicklung, zieht doch das Unternehmen auch den Frust betroffener Luftfahrtgesellschaften auf sich. Hinzu kommt, dass die damit verbundenen zusätzlichen Wartungsarbeiten MTU rund 1 Mrd. Euro kosten werden. Dafür musste der Konzern eine Rückstellung bilden. Das schlug im dritten Quartal ins Kontor. Erstmals seit Jahren wies MTU einen hohen Verlust aus.

Nach außen lässt sich Wagner seinen Ärger über die Geschehnisse nicht anmerken. Der aus Cuxhaven stammende Maschinenbauer für Luft- und Raumfahrttechnik geht die Sache professionell an, um den Triebwerkrückruf so schnell wie möglich durchzubringen. Die Hilfe von MTU für PW sieht er als wesentlichen Teil der Lösung. Das bindet aber Kapazitäten. Teil der Lösung ist aus seiner Sicht auch, dass die Amerikaner für einen Großteil der Zusatzaufwendungen bei MTU aufkommen. Wagner verhandelt mit PW über finanzielle Kompensationen. Zehn Monate nach Beginn seiner Tätigkeit als CEO befindet sich Wagner mitten in einer Bewährungsprobe.

Großer Erfahrungsschatz

Er gilt als erfahren genug, die große Baustelle abzuarbeiten. Trotz des Gegenwinds führt Wagner wie sein Vorgänger MTU mit ruhiger Hand. Er wirkt unaufgeregt. Seit Januar 2018 gehört er dem Vorstand von MTU an. Vor seinem Aufstieg zum CEO verantwortete der verheiratete Vater zweier Kinder im obersten Führungsorgan die Bereiche Technologie, Entwicklung, Einkauf, Fertigung, Montage und Qualität. Davor war Wagner zweieinhalb Jahre lang Bereichsleiter OEM Operations von MTU. Nach dem Abitur startete er seine berufliche Karriere mit einer Ausbildung zum Fluggerätemechaniker beim europäischen Boeing-Rivalen Airbus am Standort Bremen.

Signalwirkung

Wagners Antritt zum CEO galt als Signalwirkung, denn zuvor führte mit Winkler ein Kaufmann das traditionsreiche Unternehmen. Jetzt steht ein Techniker an der Konzernspitze. Die Luftfahrtindustrie steht am Beginn eines Wandels der Technik. Großabnehmer Airbus arbeitet an der kommenden A320-Generation. Das Thema Energieeffizienz nimmt einen immer größeren Raum ein. In Bezug auf die Elektromobilität wird das Verkehrsflugzeug der Zukunft womöglich Hybridantriebe haben, also eine Kombination aus Brennstoff- und Elektromotor. Das heißt, dass auch die Triebwerksbauer sich auf ein neues Zeitalter vorbereiten müssen. Das technische Verständnis für die Welt von morgen bringt Wagner mit. Er ist der vierte CEO seit dem Börsendebüt 2005.

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