Gerber macht Schluss mit Lufthansa
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Das war dann doch ein Paukenschlag in der deutschen Airline-Branche: Peter Gerber verlässt nach mehr als 30 Jahren die Deutsche Lufthansa und wird Chef der Fluggesellschaft Condor. Dass es dort demnächst einen Nachfolger für Ralf Teckentrup (65) an der Spitze geben würde, war schon länger klar, dass dieser ausgerechnet von der Lufthansa kommen würde, mit der sich Condor gerne mal streitet, ist überraschend. Kein Wunder also, dass Gerber nun erst einmal pausieren muss. Erst zum 1.Februar 2024 darf er Teckentrup an der Condor-Spitze beerben, bis dahin greift eine Wettbewerbsklausel in seinem Vertrag. Dass der langgediente Lufthanseat Anfang 2024 noch mal durchstarten darf, wäre bei seinem bisherigen Arbeitgeber unmöglich gewesen. Denn dort gilt für Führungskräfte eine Altersgrenze von 60 Jahren und diese erreicht Gerber am 1. März 2024. Insofern kommt sein Wechsel zur Condor genau zum richtigen Zeitpunkt.
Viel Zeit zum Einarbeiten wird Gerber im nächsten Jahr vermutlich nicht brauchen. Die Airline-Branche kennt er aus dem Effeff. Der Jurist hatte in seiner Zeit bei Lufthansa diverse Mandate inne und galt eine Zeit lang als eine Art Feuerwehrmann im Konzern. Der Experte für Tarifpolitik führte kniffelige Tarifverhandlungen und wirkte vor zehn Jahren an der Umsetzung des Restrukturierungsprogramms Score mit. Gerber leitete ab 2009 unter dem damaligen Lufthansa-Cargo-Chef und heutigen Konzern-CEO Carsten Spohr den Bereich Personal und Finanzen bei der Frachtsparte – die Sanierung des Frachtgeschäfts, das 2009 stark von der Weltwirtschaftskrise in Mitleidenschaft gezogen worden war und im Folgejahr ein Rekordergebnis ablieferte, gilt als Meisterstück der beiden Manager. Dem wortgewaltigen Spohr gelang es damals, die Mitarbeiter auf Restrukturierungskurs zu bringen, der versierte Schachspieler Gerber war im Hintergrund für die entscheidenden Züge verantwortlich. 2014 wurde Gerber Cargo-Chef und hatte dieses Amt sieben Jahre inne.
In Sachen Ergebnisverbesserung hat der Vater zweier erwachsener Kinder übrigens noch ein weiteres Meisterstück vorzuweisen. 2001 war er unter dem damaligen Lufthansa-Vorstandschef Jürgen Weber Projektleiter des Programms „D-Check“, das binnen drei Jahren 1 Mrd. Euro mehr Cashflow bringen sollte und vorzeitig sogar 1,6 Mrd. Euro einfuhr. Immer wieder fiel anschließend sein Name, wenn Posten im Konzernvorstand zu vergeben waren, daraus wurde aber in all den Jahren nichts.
Neue Flugzeuge
Zuletzt war der gebürtige Gießener Chief Executive der Lufthansa-Tochter Brussels Airlines und außerdem Generalbevollmächtigter der Lufthansa für Europaangelegenheiten. Die in letzterer Funktion gemachten Erfahrungen werden ihm auch an der Condor-Spitze helfen. Denn die gesamte Branche ist mit dem Klimapaket der EU-Kommission konfrontiert und muss sich auf dessen Folgen vorbereiten. Die Condor, die nach der Pleite der Mutter Thomas Cook mit Hilfe von Staatsgeldern gerettet worden war, hat unter dem neuen Eigentümer Attestor zuletzt massiv in neue Flugzeuge investiert – schon mal eine gute Voraussetzung für einen umweltverträglicheren Auftritt.