Strippenzieher

Gerhard Cromme 80

Der Doyen der Old Economy ist immer noch aktiv – und ist auf Tuchfühlung mit der deutschen Start-up-Szene gegangen.

Gerhard Cromme 80

ak – Er gehört zu den Strippenziehern der früheren Deutschland AG. Als Aufseher zahlreicher Dax-Konzerne hatte Gerhard Cromme einst eine Menge Einfluss in der deutschen Wirtschaft. Und auch noch mit 80 Jahren hat sich der frühere Stahl­manager und Multiaufsichtsrat nicht ganz in den Ruhestand verabschiedet. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Auto1 Group ist er immer noch aktiv.

Im Spätherbst seiner Laufbahn ist Cromme – einst Doyen der Old Economy –  auf Tuchfühlung mit der deutschen Start-up-Szene gegangen. Im vergangenen Jahr heuerte er als Beiratsvorsitzender des Cleantechs Theion an, in das er auch investiert hat. Theion will Kristallbatterien mit langer Lebensdauer und hoher Kapazität für Smartphones und andere mobile Geräte bauen.

Mehr Industrieerfahrung als Cromme bringt da wohl kaum ein Berater mit: Der promovierte Jurist startete seine Karriere 1971 beim französischen Konzern Saint-Gobain. 1986 wechselte er zu Krupp und wurde Chef von Krupp Stahl in Bochum. Cromme fädelte die Fusion mit dem Ruhr-Konkurrenten Hoesch ein, sieben Jahre später folgte die nächste Großfusion: 1999 entstand Thyssenkrupp, zusammen mit Thyssen-Manager Ekkehard Schulz führte Cromme den deutschen Stahlprimus in einer Doppelspitze, bevor er 2001 an die Aufsichtsratsspitze des Konzerns rückte. In den Nullerjahren stand Cromme auf dem Höhepunkt seine Karriere: Er wurde Aufsichtsratsvorsitzender auch bei Siemens, hatte Mandate bei Allianz, Lufthansa, Hochtief, Axel Springer, Volkswagen und Eon und leitete bis 2008 die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex.

Doch dann begann der Stern des machtbewussten Managers zu sinken. Die milliardenschweren Fehlinvestitionen in Stahlwerke in Brasilien und den USA führten Thyssenkrupp in eine tiefe Krise. Auch waren unter Crommes Aufsicht erhebliche Compliance-Verfehlungen toleriert worden. 2013 verlor er die Unterstützung seines Mentors Berthold Beitz, Cromme trat im März zurück.

Auch bei Siemens stand AR-Chef Cromme zu dieser Zeit unter heftigem Beschuss, der Führungswechsel von Peter Löscher zu Joe Kaeser verlief chaotisch. Crommes Machtwille hielt ihn auf dem Aufsichtsvorsitz, doch war er bis zu seinem Abgang 2017 höchst umstritten.

Am Samstag feiert Gerhard Cromme seinen 80. Geburtstag.

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