Dieselbetrugsprozess

Gericht verurteilt Ex-Chef von Audi zu Bewährungsstrafe

Nach zwei Jahren und neun Monaten endet der Mammutprozess um die Dieselabgasmanipulationen bei der Volkswagen-Tochter Audi mit Bewährungsstrafen gegen den Hauptangeklagten, Ex-CEO Rupert Stadler, und zwei Mitangeklagte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Gericht verurteilt Ex-Chef von Audi zu Bewährungsstrafe

Dieselbetrugsprozess

Rupert Stadler erhält Bewährungsstrafe

sck München

Bei der juristischen Aufarbeitung des Dieselskandals um Volkswagen sind die ersten strafrechtlichen Urteile gefallen. Das Landgericht München verurteilte den früheren Audi-CEO Rupert Stadler wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe, die zur Bewährung für die Dauer von einem Jahr und neun Monaten ausgesetzt wurde. Ihm bleibt damit das Gefängnis erspart. Der 60-Jährige ist der erste ehemalige Spitzenmanager aus dem VW-Reich, der für sein Fehlverhalten bestraft wurde.

Die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Stefan Weickert blieb damit im Rahmen der mit Stadlers Verteidigern und der Staatsanwaltschaft zuvor vereinbarten Spanne von eineinhalb bis zwei Jahren. Die ebenfalls abgesprochene Geldauflage von 1,1 Mill. Euro muss Stadler an die Staatskasse und an mehrere gemeinnützige Organisationen zahlen.

Die beiden Mitangeklagten verurteilte Weickert ebenfalls zu Bewährungsstrafen und Geldauflagen in dem zuletzt angekündigten Umfang. Der frühere Audi-Motorenchef Wolfgang Hatz (64) erhielt zwei Jahre und muss 400.000 Euro zahlen, der Ingenieur Giovanni P. ein Jahr und neun Monate sowie 50.000 Euro. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Ende des Mammutprozesses

Mit dem verkündeten Schuldspruch endet nach zwei Jahren und neun Monaten der Mammutprozess um die Dieselabgasmanipulationen. Die Strafkammer benötigte dazu 172 Verhandlungstage. Das Gericht sah die Tatvorwürfe als erwiesen an. Erst im vergangenen Frühjahr rückten die Angeklagten von ihrer Verteidigungslinie ab. Zuvor beteuerten Stadler und Hatz ihre Unschuld. Grund für ihre Kehrtwende war ein Entgegenkommen Weickerts: Bei einem Geständnis könnten sie Gefängnisstrafen vermeiden.

Nach diesem Rechtshinweis räumten die drei Angeklagten die Tatvorwürfe vollumfänglich ein; Stadler erst Mitte Mai nach wochenlangem Zögern. Hatz und der Ingenieur gestanden, die Software für den Abgasstand manipuliert zu haben. Dadurch seien Zulassungs- und Umweltbehörden sowie Kunden getäuscht worden. Nach Einschätzung des Gerichts dürfte Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben müssen, dass die Abgaswerte manipuliert gewesen sind. Statt die Mängel beheben zu lassen und die Handelspartner zu informieren, habe er den Verkauf der Autos zunächst bis 2018 fortsetzen lassen. Erst dann habe er den Verkauf von Dieselfahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten gestoppt – nach Ansicht des Gerichts zu spät. Dadurch sei ein Schaden von 41 Mill. Euro entstanden. Bei Stadler ergibt sich der Tatbestand des Betrugs durch Unterlassen. Der Skandal flog im September 2015 in den USA auf.

Die Staatsanwaltschaft zeigte sich mit dem Urteil gegen Stadler „sehr zufrieden“, beim Strafmaß für Hatz allerdings nicht. Die Strafermittler forderten hier eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Sie begründeten es mit der Schwere der Tat. Die Justizbehörde will daher die Urteilsbegründung prüfen, bevor sie über Rechtsmittel entscheidet. Sie könnte in Revision gehen. In seinem Schlussplädoyer sah Staatsanwalt Nico Petzka zuvor die drei Angeklagten nicht als die Hauptverantwortlichen für den Dieselskandal. Es sei zweifelhaft, ob es überhaupt den oder die Hauptverantwortlichen geben könne, „wenn im Unternehmen so viele Beteiligte in die falsche Richtung laufen“.

Signalwirkung

Unter dem Anspruch der Wahrheitsfindung könnte das Urteil im Münchner Dieselbetrugsprozess Signalwirkung haben auf das seit September 2021 laufende Verfahren in gleicher Sache gegen vier angeklagte Automanager vor dem Landgericht Braunschweig. Stadlers früherer Förderer Martin Winterkorn, Ex-Vorstandschef von VW, ist zwar ebenfalls in Braunschweig angeklagt, sein Verfahren liegt aber wegen seiner Erkrankung weiterhin auf Eis.

Derweil könnte Weickert noch weitere Prozesse in dem Dieselkomplex leiten. Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte 2020 vier weitere frühere Audi-Manager angeklagt.

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