Vergütungsskandal

Ghosn-Helfer Kelly weist Anklage zurück

Nach acht Monaten Prozessdauer hat sich der frühere Nissan-Manager Greg Kelly (64) erstmals selbst vor einem Gericht in Tokio zu der Anklage geäußert, die ihm vorwirft, dass er das Einkommen des damaligen Konzernchefs Carlos Ghosn in Nissans...

Ghosn-Helfer Kelly weist Anklage zurück

mf

Nach acht Monaten Prozessdauer hat sich der frühere Nissan-Manager Greg Kelly (64) erstmals selbst vor einem Gericht in Tokio zu der Anklage geäußert, die ihm vorwirft, dass er das Einkommen des damaligen Konzernchefs Carlos Ghosn in Nissans Pflichtberichten an die Börsenaufsicht als zu niedrig angegeben habe. Dafür drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. Der US-Amerikaner, bis 2015 als Vizepräsident für Rechtsangelegenheiten zuständig, bezeichnete sich als nicht schuldig und betonte zugleich, dass er rechtmäßig und im Interesse von Nissan gehandelt habe.

Ghosn hatte ab 2010 auf rund 1Mrd. Yen (7,5 Mill. Euro) und damit etwa die Hälfte seines Jahresgehalts freiwillig verzichtet, als börsennotierte Unternehmen alle Managereinkommen über 100 Mill. Yen (760000Euro) veröffentlichen mussten. Darauf verabredeten Kelly und Ghosn Kompensationszahlungen nach dessen Ausscheiden bei Nissan.

„Wir hatten Glück, einen so talentierten CEO zu haben“, erklärte der Rechtsanwalt, gekleidet in einen grauen Anzug mit roter Krawatte, während seine Frau Dee unter den Zuschauern saß. „Doch sein Verbleib (bei Nissan) war gefährdet“, begründete Kelly die nachträgliche Vergütung. Das Gericht muss nun bewerten, ob es dazu einen formalen Vertrag gab und Nissan die Absprache mitteilen musste.

Gegenüber Strafverfolgern während seiner Inhaftierung in Tokio erklärte Ghosn, der sich später in den Libanon absetzte, den Gehaltsverzicht damit, er wollte öffentliche Kritik vermeiden und die Motivation der Belegschaft nicht untergraben. Entsprechende Zitate aus über 200 Seiten Verhörprotokollen verlas Kellys Anwalt am Dienstag im Gericht. „Was wir veröffentlichten, war das gezahlte Gehalt“, zitierte er Ghosn. „Die aufgeschobene Vergütung war an Bedingungen geknüpft, wodurch sie meiner Meinung nach in eine Grauzone fällt.“

In seinen Ausführungen vor Gericht konzentrierte sich Kelly darauf, die Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen der Anklage zu erschüttern. Der frühere Chefsekretär Toshiaki Onuma hatte ausgesagt, Kelly und er hätten Methoden diskutiert, Ghosn mehr zu bezahlen als ausgewiesen. Laut Kelly hat es diese Gespräche jedoch nicht gegeben. Das Englisch von Onuma hätte dafür gar nicht ausgereicht.

Prozessbeobachtern zufolge wird Kellys Befragung bis in den Juli andauern. Die zeitaufwendige Übersetzung jedes Satzes ins Englische und Japanische zieht den Prozess zusätzlich in die Länge. Seit einer Kautionszahlung von 70 Mill. Yen (530000 Euro) an Weihnachten 2018 ist Kelly, der parallel zu Ghosn verhaftet wurde, auf freiem Fuß, darf aber Japan nicht verlassen.