Google beruft neue Chefin für die Cloud
Von Stefan Paravicini, FrankfurtKnapp einen Monat ist es her, dass die Zahlen von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google, positiv überraschten und die Marktkapitalisierung des Konzerns um ein Zehntel in die Höhe trieben (vgl. BZ vom 24. Oktober). Die Konkurrenten Amazon und Microsoft überzeugten am gleichen Tag ebenfalls. Die Marktkapitalisierung der drei Konzerne legte in wenigen Stunden fast 100 Mrd. Dollar zu. Die Euphorie hatte vor allem damit zu tun, dass alle drei sich positiv über das Geschäft mit IT-Infrastruktur und -Services aus der sogenannten Cloud äußerten. Gründerin von VMWareGoogle, die dieses Geschäft noch nicht gesondert ausweist, aber zuletzt von “enormem Momentum” berichtete, hat ihre Aktivitäten in der Cloud jetzt in einer Geschäftseinheit zusammengefasst und Diane Greene als Senior Vice President an die Spitze der Abteilung berufen. Es ist ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass Google-CEO Sundar Pichai das “Momentum” nutzen will, um sich in der Cloud aus dem Schatten des Marktführers Amazon zu bewegen. Denn die 60-jährige Greene, die seit knapp vier Jahren im Board von Alphabet sitzt, gehört zu den profiliertesten Unternehmerpersönlichkeiten im Silicon Valley.Greene, die ein Schiffsbau-Diplom des Massachusetts Institute of Technology und einen Abschluss in Computerwissenschaften der Berkeley Universität hält, gründete 1998 zusammen mit ihrem Mann, dem Computerwissenschaftler Mendel Rosenblum, die Firma VMWare. Auf der Grundlage von Rosenblums Forschung, der in Stanford lehrt, entwickelte das Unternehmen Software, die die gleichzeitige Ausführung mehrerer Betriebssysteme und Anwendungen auf demselben Server und damit die sogenannte “Virtualisierung” von IT-Landschaften ermöglichte. Virtualisierungssoftware gehört zu den Voraussetzungen für effiziente Angebote aus der Cloud.Mit dieser Technologie schaffte es VMWare auch über das Ende des Dotcom-Booms hinaus, schon 2003 verkauften die Gründer das rasant wachsende Unternehmen dennoch für gut 600 Mill. Dollar in bar an EMC, einen Spezialisten für Speichertechnologie. Greene blieb für weitere fünf Jahre als CEO an der Spitze von VMWare, geriet aber immer öfter mit EMC-Chef Joseph M. Tucci aneinander, der sich erst vor wenigen Wochen mit Michael Dell über die Details zur bisher größten Übernahme in der Technologiebranche geeinigt hat: Dell will EMC für rund 67 Mrd. Dollar übernehmen und die Aktionäre in Teilen mit Papieren bezahlen, die dem Kurs der Aktien von VMWare folgen (vgl. BZ vom 13. Oktober).Das Unternehmen ist seit 2007 gelistet und an der Börse derzeit rund 25 Mrd. Dollar wert. Einen der größten Intraday-Verluste verzeichnete VMWare, als Greene nach einer weiteren Auseinandersetzung mit Tucci 2008 vor die Tür gesetzt wurde. VMWare, an der EMC bis heute die Mehrheit hält, gingen daraufhin um fast ein Viertel in die Knie.Sie habe Vorbehalte gehabt, wieder in eine öffentliche Rolle zu schlüpfen, sagte Greene zu ihrer Berufung an die Spitze des Cloud-Geschäfts von Google. Sie habe der Gelegenheit aber nicht widerstehen können, weil sie seit der Berufung in den Alphabet-Board zunehmend beeindruckt sei von Google, ihren Mitarbeitern und den herausragenden Technologien etwa in den Bereichen maschinelles Lernen, Datenanalyse sowie Stimmen- und Bilderkennung.Greene übernehme einen Posten mit einer großen Verantwortung, ließ Larry Page, Google-Gründer und CEO der Muttergesellschaft Alphabet per Blog-Post wissen. Urs Holzle, Senior Vice President für Infrastruktur bei Google, hatte bereits einen Tag vor der Berufung Greenes die Richtung vorgegeben. Bis 2020, sagte der Google-Manager bei einer Veranstaltung in San Francisco, könnte die Cloud für Google eine größere Rolle als die Online-Werbung spielen. Die macht heute neun Zehntel des Konzernumsatzes aus.