Vorstandsvorsitzender von Hugo Boss

Grieders Ruf als erfolgreicher Modemanager steht auf dem Spiel

Daniel Grieder, Vorstandschef von Hugo Boss, kämpft gegen eine Gewinnerosion im Modekonzern an. Die Jahresprognose wurde bereits gekappt. Bis zum für 2025 avisierten Umsatzziel dürfte es länger dauern als vom Management erwartet.

Grieders Ruf als erfolgreicher Modemanager steht auf dem Spiel

Grieders Ruf als Modemanager steht auf dem Spiel

Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt

Frühere Auszeichnungen können Unternehmen und Personen irgendwann um die Ohren fliegen, wenn das, wofür man einst geehrt wurde, in der Gegenwart komplett schiefgeht. Im Februar vorigen Jahres war Hugo Boss in einer Studie der Aktionärsvereinigung DSW und der Strategieberatung Advyce & Perlitz sowie der Universität Witten/Herdecke als Prognose-Champion und Top-Performer beurteilt worden. Dem Vorstand des MDax-Unternehmens, in dem Daniel Grieder seit Juni 2021 als CEO am Ruder ist, schrieben die Zeugnisgeber Präzision und großen Weitblick zu. Die Anleger erhielten nicht nur am Anfang des Jahres einen seriösen Blick in die Zukunft, hieß es, sie könnten sich auch darauf verlassen, dass die angekündigten Ziele erreicht werden.

Der Hugo-Boss-Store in einer bekannten Einkaufsstraße von Tokio.

Seit Sommer 2023 läuft es für den Modekonzern und deren Chef aber nicht mehr so rund. Der Kurs der Hugo-Boss-Aktie war im Juli vorigen Jahres auf mehr als 75 Euro geklettert – der höchste Stand seit langer Zeit. Genau ein Jahr später hatte sich die Notierung auf rund 35 Euro mehr als halbiert. Derzeit kostet das Papier etwa 38 Euro, hat sich also kaum von diesem Tief erholt. Das Attribut „Top-Performer“ bekäme Hugo Boss heute also nicht mehr.

Ruf der Verlässlichkeit hat stark gelitten

Auch hinter dem „seriösen Blick in die Zukunft“ mit der Gewissheit, dass die „angekündigten Ziele erreicht werden“, stehen mittlerweile Fragezeichen. Mitte Juli senkte Hugo Boss die Jahresprognosen. Grund waren die mauen Geschäfte im ersten Halbjahr; das schwache Konsumklima hatte dem Unternehmen einen Strich durch die Kalkulationen gemacht. Hatte Vorstandschef Grieder zuvor ein Umsatzwachstum zwischen 3% und 6% auf rund 4,3 Mrd. bis 4,45 Mrd. Euro in Aussicht gestellt, wird seither nur noch eine Steigerung der Konzernerlöse um 1% bis 4% auf circa 4,2 Mrd. bis 4,35 Mrd. Euro erwartet. Gleichzeitig wurde die Schätzung des operativen Ergebnisses (Ebit) gekürzt: Es soll nun in einer Bandbreite von rund 350 Mill. bis 430 Mill. Euro liegen, entsprechend einer Veränderung im Vergleich zum Vorjahr von minus 15% bis plus 5%; zuvor hatte der Ausblick einen Ebit-Anstieg um 5% bis 15% auf etwa 430 Mill. bis 475 Mill. Euro beinhaltet.

Umsatzziel von 5 Mrd. Euro

Das Umsatzziel von 5 Mrd. Euro und eine Ebit-Marge von mindestens 12%, die in einem positiven Umfeld bereits vage für 2025 angekündigt worden waren, sind angesichts der großen Unsicherheit unter den Verbrauchern und der damit verbundenen Kaufzurückhaltung so schnell wohl nicht erreichbar.

Yves Müller, Finanzvorstand (CFO) und COO von Hugo Boss

Mit dieser heftigen Gewinnwarnung hat nicht nur das Renommee von Hugo Boss am Kapitalmarkt Schaden genommen, auch die Reputation von CEO Grieder hat gelitten. Noch Anfang März hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass sein Vertrag und der von Finanzvorstand und Chief Operating Officer (COO) Yves Müller (Jahrgang 1969), der seit Dezember 2017 Mitglied des Vorstands ist, vorzeitig verlängert worden ist. Müllers Vertrag läuft nun bis Ende Dezember 2027, der von Grieder ein Jahr länger. „Das aktuelle Vorstandsteam hat Hugo Boss auf ein neues Level gebracht und ist damit maßgeblich für die enormen Fortschritte des Unternehmens in den vergangenen Jahren verantwortlich“, sagte seinerzeit Aufsichtsratschef Hermann Waldemer (Jahrgang 1957).

Kosten sollen runter

Grieders Image als erfolgreicher Macher steht nun auf der Kippe. Er wird sich dessen bewusst sein. Chefkontrolleur Waldemer fand bei der Vertragsverlängerung vor fünf Monaten, als der Abwärtstrend in der Konsumgüterbranche längst etabliert war, noch überaus freundliche Worte für den 1961 in Washington geborenen Manager, der mit seiner Familie in Zürich und den USA lebt. „Unter der Führung von Daniel Grieder ist es (dem Vorstand) gelungen, Hugo Boss in einem wettbewerbsintensiven Umfeld als einen der Top-Player im globalen Premiumbekleidungsmarkt zu positionieren“, so Waldemer. Damit das auch so bleibt, ziehen Grieder und Müller nun die Kostenschraube an. Freilich liegen dem CEO Finanzierungs- und Rentabilitätsfragen weniger als dem CFO. Grieder ist ein Modemanager, kein Zahlenakrobat. Je länger die Konsumflaute anhält und das Geschäft von Hugo Boss darbt, umso weniger Spaß wird ihm sein Job machen. Und Spaß am Job ist ein ganz wesentlicher Einflussfaktor für den Erfolg. Bereits während seines Studiums an der Hochschule für Wirtschaft in Zürich hatte Grieder 1985 die Max Trade Service AG (später umbenannt in Madison Clothing Ltd.) gegründet, die neben der Produktion und dem Verkauf von Lederbekleidung in der Schweiz auch den Vertrieb international bekannter Marken übernahm, darunter Tommy Hilfiger. Von 1997 an, dem Jahr der Einführung der US-Marke Tommy Hilfiger auf dem europäischen Markt, sei Grieder maßgeblich für deren erfolgreiche Etablierung in Europa verantwortlich gewesen. 2004 erfolgte seine Ernennung zum Vice President of Commercial Operations bei Tommy Hilfiger Europe und zwei Jahre später zum COO und President Tommy Hilfiger Europe. Im Jahr 2008 übernahm er die Position des CEO Tommy Hilfiger Europe. Nach der Integration der Marke Tommy Hilfiger in die Phillips-Van Heusen (PVH) Corporation 2010 wurde Grieder 2014 CEO und President von Tommy Hilfiger Global und PVH Europe.

Karriere mit und bei Tommy Hilfiger

Es gehört zu den größten Erfolgen, die sich der Hugo-Boss-Vorstand unter Führung Grieders ans Revers heften darf, dass die Marke, die früher nur für Herrenmode stand, längst auch mit viel beachteten Damenkollektionen am Markt vertreten ist. Hier hat man einen zuvor bereits eingeschlagenen Weg konsequent und mit Erfolg weiterverfolgt. Noch positiver wirkte, dass das Markenportfolio inzwischen weit diversifiziert ist: Es reicht von klassischer Konfektion über Abendkleidung bis hin zu lässiger Freizeitmode; auch Schuhe und Lederaccessoires sowie in Lizenz vertriebene Düfte, Brillen, Uhren und Kindermode werden angeboten.

Auch Damenkollektionen und Freizeitmode