CFO-Wechsel

Großes Stühlerücken in den Finanzressorts

Wanted: Finanzvorstand. Vakante CFO-Posten lassen sich immer schwieriger besetzen.

Großes Stühlerücken in den Finanzressorts

Großes Stühlerücken in den Finanzressorts

Von Annette Becker, Düsseldorf

Gleich drei Wechsel in CFO-Positionen sind am vergangenen Freitag publik geworden. Doch nicht überall gestaltet sich die Nachfolgesuche so einfach wie bei Lanxess, wo mit einer internen Nachbesetzung eine schnelle Lösung gefunden wurde. Denn der Wechselwunsch des scheidenden Finanzvorstands Michael Pontzen kam nicht nur überraschend, sondern auch äußerst kurzfristig. Pontzen geht zum 1. September. Klar, niemand weiß, seit wann der Aufsichtsrat über die Abwanderungsgedanken informiert war, allzu lang dürfte das jedoch nicht zurückliegen, sind derartige Sachverhalte doch durchaus kursrelevant.

Für CFOs scheint es so etwas wie „Fachkräftemangel“ zu geben, vergehen doch häufig Monate, bis die Vakanz wieder geschlossen ist. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist das besonders problematisch, genießt derzeit doch in vielen Unternehmen das altbekannte Krisenmotto „Cash is King“ absolute Priorität und Liquiditätsmanagement ist nun einmal vornehmste Aufgabe eines Finanzchefs.

Zahlreiche Vakanzen

Ein reibungsloser Übergang, wie er bei Lanxess glückte, ist inzwischen eher die Ausnahme als die Regel, insbesondere, wenn der amtierende CFO aus freien Stücken geht. Sartorius beispielsweise, die sich seit Frühjahr auf der Suche nach dem im Oktober scheidenden Rainer Lehmann befand, konnte zwar am Freitag Vollzug vermelden. Florian Funck, der von Haniel kommt, wird seinen neuen CFO-Posten allerdings erst im April 2024 antreten.

CFOs, die Vakanzen hinterlassen: Christian Baier (Metro), Florian Funck (Haniel), Thomas Toepfer (Covestro), Tanja Dreilich (HHLA) und Andy Myers (Suse, von links)
CFOs, die Vakanzen hinterlassen: Christian Baier (Metro), Florian Funck (Haniel), Thomas Toepfer (Covestro), Tanja Dreilich (HHLA) und Andy Myers (Suse, von links) | Quelle:

Einen weiteren vakanten CFO-Posten gibt es beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA, der sich per Ende Juni Hals über Kopf von Finanzchefin Tanja Dreilich trennte. Die 53-Jährige wurde nach nur einem halben Jahr aus dem Vorstand abberufen, die Gründe sind nicht bekannt. Eine Nachfolgelösung lässt auf sich warten. Beim Chemiekonzern Covestro, wo seit Mitte Februar bekannt ist, dass sich Finanzchef Thomas Toepfer Ende August gen Toulouse (Airbus) verabschiedet, ist ebenfalls keine Nachfolgelösung in Sicht. Das gestaltet sich allerdings auch schwierig, weil Covestro derzeit von Adnoc, dem staatlichen Ölkonzern aus Abu Dhabi umworben wird. Ohne zu wissen, wer bei dem Kunststoffhersteller künftig das Sagen hat, dürften es Headhunter schwer haben, geeignete Bewerber zu finden.

Quer durch die Branchen

Bei Airbus wiederum tritt Toepfer die Nachfolge von Dominik Asam an, der sich schon Ende Februar zu SAP verabschiedet hatte. Der Luftfahrtkonzern war seither ohne Finanzvorstand unterwegs. Bei der Walldorfer Softwareschmiede folgte Asam nahtlos auf Luka Mucic, der seinen Abgang zum März 2023 immerhin mit einem Jahr Vorlauf annonciert hatte. Mucic wiederum, der die Finanzen von SAP fast zehn Jahre überwachte, beginnt im September als CFO von Vodafone. Nach dem abrupten Abgang von CEO Nick Read hatte CFO Margherita Della Valle dort im vorigen Dezember auch das Amt als CEO kommissarisch übernommen.

Die sich abzeichnende Vakanz auf dem CFO-Sessel der Fondsgesellschaft DWS ist dagegen seit Dienstag geschlossen. Die Nachfolge der im September scheidenden Finanzchefin Claire Peel tritt Markus Kobler an, der von der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors kommt. Spätestens im November soll es so weit sein. Die geordnete Übergabe, die Peel noch im Mai sicherstellen wollte, dürfte sich damit allerdings erübrigt haben. Die Allianz-Tochter wiederum setzt mit Thomas Schindler auf eine interne Nachbesetzung.

Dafür darf sich nun der Windparkprojektierer PNE auf CFO-Suche begeben. Der amtierende Finanzvorstand Jörg Klowat wird seinen im März 2024 auslaufenden Vertrag nicht verlängern, wurde am Mittwoch bekannt. Der Suchprozess sei eingeleitet. Immerhin bleibt Klowat einige Monate länger, um Projekte zu Ende zu führen. CFO-Vakanzen tragischer Natur reißen die plötzlichen Tode von Jochen Goetz bei Daimler Truck und von Marcus Ketter bei Gea. Beide Manager verstarben am vergangenen Wochenende.

Auch der Lebensmittelgroßhändler Metro dürfte in Kürze einen verwaisten Vorstandssessel zu beklagen haben. Denn Christian Baier, der seit fast sieben Jahren in seiner jetzigen Position und seit 2011 für den Handelskonzern arbeitet, hört Ende September auf. Zwar hat der Aufsichtsrat nach eigenem Bekunden einen „professionellen Suchprozess“ eingeläutet, fündig geworden ist man jedoch bis heute nicht. Nicht ohne Grund hatte Metro schon Mitte Juni durchblicken lassen, dass CEO Steffen Greubel den Posten womöglich übergangsweise übernehme, zusätzlich zur CEO-Funktion.

In doppelter Rolle

Gleich zwei Vorstandsposten auszufüllen gilt es seit Dezember auch für Helen Giza. Die CEO von Fresenius Medical Care (FMC) schlüpfte nach dem überraschenden Abgang von Karla Kriwet, die sich nur zwei Monate an der FMC-Spitze gehalten hatte, in die CEO-Rolle, übt seither aber zugleich ihre vorherigen Aufgaben als CFO weiter aus. Zum 1. Oktober wird Giza entlastet, dann fängt der von Siemens Healthineers kommende Martin Fischer als Finanzvorstand in Bad Homburg an.

Noch nicht besetzt ist dagegen die CFO-Position beim Softwarehaus Suse. Dort war es im Laufe des Jahres zu einigen Vorstandswechseln gekommen. Den Anfang hatte CEO Melissa Di Donato gemacht, die Ende März mit sofortiger Wirkung ging. CFO Andy Myers, der den CEO-Posten dann kommissarisch bis Ende April innehatte, schied Ende Juni aus. Seither führt Jonathan Atack, Vice President Treasury und Investor Relations, das Finanzressort interimistisch. Die Suche nach einem neuen Finanzvorstand läuft.

Schnell rein und wieder raus

Nicht lange im Amt halten konnten sich Marcus Wassenberg bei Kion und Ralf Gierig bei ProSiebenSat.1. Anfang Juli verließ Wassenberg, der von Heidelberger Druckmaschinen gekommen war, den Hersteller von Gabelstaplern nach nur sechs Monaten wegen unterschiedlicher Auffassungen in Themen der Unternehmensführung. Den Nachfolger rekrutierte der neue Aufsichtsratschef Hans Peter Ring dann lieber aus den eigenen Reihen. Christian Harm arbeitet seit mehr als 20 Jahren für das Unternehmen und seine Vorgängergesellschaften.

Anders der CFO-Wechsel bei ProSiebenSat.1, der offenbar von längerer Hand geplant war. Als der Medienkonzern Ende April seine Bilanz vorlegte, stand schon fest, dass Martin Mildner den seit Anfang 2022 amtierenden CFO Ralf Gierig am nächsten Werktag ablösen werde. Mildner kam von United Internet, wo er Ende März auf eigenen Wunsch ausgeschieden war. Der Internetdienstleister entschied sich mit Ralf Hartings für eine interne Besetzung des freiwerdenden Postens.

Bei der kriselnden Varta ging es etwas undurchsichtiger zu. Der Batteriehersteller hatte Thomas Obendrauf zunächst zum Jahreswechsel in den Vorstand geholt. Dort sollte er zum 1. Mai den scheidenden Finanzvorstand Armin Hessenberger ersetzen. Im März folgte die Kehrtwende: Mit Wirkung zum 15. Mai wurde Marc Hundsdorf als CFO-Nachfolger bestellt, derweil Obendrauf das Unternehmen aus persönlichen Gründen wieder verließ. Überraschend, aber ohne zeitliche Lücke kam es bei der Darmstädter Merck KGaA zum 1. Juli zu einem Wechsel im Finanzressort. Der langjährige CFO Marcus Kuhnert legte sein Vorstandsmandat zur Jahresmitte nieder und machte damit für Helene von Roeder Platz, die sich aus dem Vorstand von Vonovia verabschiedet hatte.

Zu mehr oder minder „gewöhnlichen“ Wechseln im Finanzressort kam es in diesem Jahr bei LEG, Evonik und BASF. Hans-Ulrich Engel, der das Finanzressort des weltgrößten Chemiekonzerns seit 2011 führte, verabschiedete sich mit der Hauptversammlung in den Ruhestand. Wie bei BASF üblich wurde der Vorstandsposten intern mit Dirk Elvermann besetzt. Das stand seit vergangenem Oktober fest. Ebenfalls mit viel Vorlauf erfolgte der Wechsel bei Evonik von Ute Wolf auf Maike Schuh. Wolf, wenngleich erst 55 Jahre, hatte sich nach 17 Jahren im Unternehmen gegen eine abermalige Vertragsverlängerung entschieden. Zum 1. April übernahm Schuh, die aus der Division Performance Materials rekrutiert wurde.

Reibungslose Übergabe

Auch bei Salzgitter zeichnet sich eine reibungslose Stabübergabe im Finanzressort ab. Für CFO Burkhard Becker, der das Amt bei dem Stahlkonzern seit 2011 innehat und Ende März kommenden Jahres in den Ruhestand geht, kommt mit Birgit Potrafki erstmals eine Frau in den Vorstand. Die 52-Jährige, die von Bosch kommt, tritt im Februar 2024 in den Vorstand ein und übernimmt das Finanzressort Anfang April.

Bei LEG erfolgte der Wechsel in der CFO-Rolle kurzfristiger. Anfang März teilten die Düsseldorfer mit, dass Susanne Schröter-Crossan Ende März aus persönlichen Gründen als CFO ausscheide, die Nachfolge trat Kathrin Köhling an, die seit 2019 für den Immobilienkonzern arbeitet.