Heidelberger Druck sucht neuen Chef
Von Walther Becker, FrankfurtDr. Gerold Linzbach hat nach eigener Einschätzung seine Schuldigkeit getan, nun will er gehen: Der Aufsichtsrat von Heidelberger Druckmaschinen unter dem Vorsitzenden Dr. Siegfried Jaschinski muss einen neuen Chef suchen. Denn Linzbach, der im Februar 60 wurde, verlängert seinen im August 2017 auslaufenden Vertrag nicht. Mit seinen gesundheitlichen Problemen habe dieser Schritt nichts zu tun, vielmehr beabsichtige er, sich neuen beruflichen Aufgaben zu widmen, berichtet das Unternehmen, das seinen Sitz nach Wiesloch verlegt hat.Linzbach stehe Heidelberg für einen geordneten Übergang bis zum August 2017 zur Verfügung und werde “mit voller Kraft nach der erfolgreichen Restrukturierung die strategische Weiterentwicklung des Konzerns mit seinem Team vorantreiben”. Das Kontrollgremium nimmt die Entscheidung “mit großem Bedauern zur Kenntnis”. Linzbach, der noch im Rollstuhl sitzt, dessen körperliche Flexibilität aber zunehme, war im September 2012 bei dem kriselnden Weltmarktprimus angetreten. Er folgte auf Bernhard Schreier, der die Gruppe seit 1999 geführt hatte. Von seinen vier Jahren im Amt war Linzbach sieben Monate krankheitsbedingt ausgefallen, er kam im Januar 2016 erst an Bord. In seiner Abwesenheit hatte CFO Dirk Kaliebe die Geschäfte geführt. Es gehöre zu Linzbachs Naturell, dann, wenn er eine Aufgabe als weitgehend erledigt betrachte, sich wieder eine neue zu suchen, heißt es in seinem Umfeld. Das war bei Hoechst, Trevira und Celanese ebenso wie bei Symrise oder D+S Europe der Fall. RepositioniertDer Aufsichtsrat spricht Linzbach seine Wertschätzung für “die intensive Arbeit und das tatkräftige Engagement” vor allem im Zusammenhang mit der Repositionierung des Konzerns aus. Die Grausamkeiten in Bezug auf den Personalabbau hatte indessen Vorgänger Schreier im Wesentlichen vorgenommen. Linzbach ist dabei, in dem stark ingenieurgetriebenen Druckmaschinenbau den Kunden stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Dazu setzt er auf Digitalisierung, die den Druckereien neue Geschäftsmöglichkeiten bringen soll, auch durch die Nutzung von “Big Data”.Eine Druckmaschine verfüge über rund 3 000 Sensoren und erzeuge Millionen von Daten, sagte er im Interview der Börsen-Zeitung. Die Herausforderung für Heidelberg sei es jedoch, “aus einer Million Daten die zehn Daten herauszufiltern, die für den Kunden relevant sind”, wie er sagte. Heidelberg hat das abgelaufene Fiskaljahr (per Ende März) mit Gewinn abgeschlossen, doch Dividende ist noch nicht in Reichweite. “Wir sind in der Phase, in der wir unser Portfolio wieder aktiv gestalten und attraktive Geschäfte hinzufügen können”, sagte Linzbach im Interview.Der gebürtige Bad Vilbeler, Vater von drei Kindern, promovierte 1985 als Diplom-Chemiker. 1988 kam er zu McKinsey und verantwortete Projekte in der Prozessindustrie. 1991 wechselte er in die Unternehmensplanung von Hoechst, die er später leitete. Vier Jahre später ging er als CEO zu Trevira. 1999 begleitete Linzbach die Gründung von Aventis und war dann bei dem abgespaltenen Chemiekonzern Celanese. Von 2003 bis 2005 verantwortete er die Textilfasern. 2005 wurde Linzbach CEO des Duft- und Geschmackstoffherstellers Symrise, den er aus dem Portfolio von EQT an die Börse führte. Danach ging er zu D+S Europe.