Investment Banking

Hengster wechselt von der KfW zu Barclays

Im Rennen um die KfW-Spitze ging Vorstandsmitglied Ingrid Hengster leer aus. Nach sieben Jahren verlässt sie nun die Staatsbank – und besinnt sich als Deutschlandchefin von Barclays auf ihre Wurzeln.

Hengster wechselt von der KfW zu Barclays

Von Jan Schrader, Frankfurt

Das Amt als Chefin des Inlands­geschäfts der KfW hätte Ingrid Hengster vermutlich behalten können, wenn sie gewollt hätte. Intern war die Managerin, die nun als Deutschlandchefin der britischen Großbank Barclays einen Neustart wagt, eine geachtete Führungskraft, wie zu hören war, bekannt für ihre Neugier und einen respektvollen Umgang mit den Beschäftigten. Auch führte sie im Vorstand seit 2014 mit der Förderung im Inland ein wichtiges Ressort, denn dort ist der überwiegende Teil des Neugeschäfts der KfW verortet, von Förderkrediten für Hausdämmung und Mittelstand bis hin zu Start-up-Kapital und Studienkredit. Mit dem Hilfsprogramm in der Coronakrise kam Hengster er­neut eine zentrale Rolle zu. Als Nachfolgerin für Bankchef Günther Bräunig, der in den Ruhestand geht, war die promovierte Juristin eine naheliegende Kandidatin.

Doch die 60-jährige Managerin wurde für alle sichtbar übergangen, als sich die Bundesregierung und der von ihr maßgeblich kontrollierte Verwaltungsrat der Bank vor wenigen Wochen auf Citi-Manager Stefan Wintels festlegten, der im Oktober an die Spitze der KfW rücken wird. Hengster war als mögliche Kandidatin bereits im vergangenen Jahr im Gespräch, doch der Bund ließ sich mit der Personalentscheidung Zeit. Spätestens im März hätte der Verwaltungsrat, der von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und stellvertretend von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geführt wird, die Nachfolge klären müssen, denn Bräunigs Vertrag lief ursprünglich bis Ende Juni. Doch die Politik lancierte eine Suche nach externen Kandidaten und ließ Hengster somit warten, während später Bräunigs Vertrag bis Ende Oktober verlängert wurde. Hengsters­ Führungsanspruch verlief nicht nur ins Leere, sie sah sich dabei auch einer Hängepartie ausgesetzt.

Herz fürs Unternehmertum

Dem politisch geprägten Fördergeschäft kehrt die gebürtige Österreicherin nun den Rücken – und widmet sich dem Investment Banking: Für Barclays übernimmt sie nicht nur die Rolle als Deutschlandchefin, sondern sie rückt zugleich in die zuletzt siebenköpfige Gruppe der Global Chairmen auf, die bei der Corporate&Investment Bank von Barclays angesiedelt ist. Hengster wird dabei als Global Chairman für Investment Banking in das Gremium einziehen und in führender Rolle wesentli­­chen Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Seite stehen, wie Barclays am Donnerstag mitteilte. Den Zeitpunkt des Ausstiegs bei der KfW handelt sie demnach noch aus, die Aufsicht muss der Personalie wie üblich noch zustimmen.

Im Lebenslauf hebt Barclays die mehr als drei Jahrzehnte währende Erfahrung Hengsters im Investment Banking hervor und würdigt ihren Einsatz für das Wagniskapital­engagement der KfW, ehe sie das für die Förderbank so wichtige Sonderprogramm in der Coronakrise erwähnt. Die Managerin, die einst auf Initiative der FDP in den Vorstand der Förderbank einzog, dürfte künftig Unternehmen in wesentlichen Strategie- und Finanzierungsfragen zur Seite stehen. Mit ihrem Wechsel zu Barclays kehrt die Managerin in eine vertraute Position zurück: Vor ihrem Eintritt bei der KfW war sie für die Royal Bank of Scotland als Chefin für das Geschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich, nachdem sie zuvor für ABN Amro das Investment Banking in Deutschland und Österreich geleitet hatte.

In ihrer Rolle für die KfW setzte sie einen Akzent auf die Förderung junger Unternehmen: Mit der Presse im Gepäck besuchte sie im Namen der KfW wiederholt Technologie-Start-ups in ganz Deutschland, verzögerte mit ihrer Neugier und vielen Fragen mitunter den Zeitplan und drückte den wagemutigen Gründern stets ihren Respekt aus. Vielleicht wagt Hengster nicht nur wegen des gescheiterten Rennens um die Spitze der Förderbank, sondern auch wegen ihrer Leidenschaft fürs Unternehmertum einen Neuanfang.