Herbert Diess soll Infineon-Chefaufseher werden
Von Stefan Kroneck, München
Herbert Diess (64) steht als künftiger Aufsichtsratsvorsitzender von Infineon bereit. Zum Wochenschluss teilte Europas größter Halbleiterhersteller mit, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Volkswagen für die Nachfolge des noch amtierenden Chefaufsehers Wolfgang Eder (70) kandidiert. Im Detail schlug das Kontrollorgan von Infineon nach Unternehmensangaben „in Vorbereitung“ der am 16. Februar 2023 stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung (HV) vor, Diess für die Neuwahl in das Gremium zu nominieren. „Vorbehaltlich des Votums der HV wird angestrebt, dass Dr. Diess den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt“, meldete das Dax-Mitglied mit Sitz in Neubiberg bei München.
Der promovierte Maschinenbauingenieur musste Ende August den Wolfsburger Mehrmarkenkonzern nach einem Machtkampf vorzeitig verlassen. Diess verlor seinerzeit die Unterstützung der Eigentümerfamilien Porsche und Piëch. Der frühere BMW-Vorstand führte den Dax-Riesen insgesamt sieben Jahre.
Wechsel in neuer Phase
Eder gilt als gut vernetzt. Der ehemalige CEO des Mischkonzerns Voestalpine aus Linz und der Ex-CEO von VW sind Österreicher. VW und ihre vielen Tochtergesellschaften zählen zu den Großabnehmern von Infineon-Komponenten. Eder führt den AR von Infineon seit August 2019. Aus Altersgründen gibt er sein Mandat ab. Am 5. Februar nächsten Jahres wird der Manager 71 Jahre alt.
Der Wechsel an der Spitze des Kontrollgremiums von Infineon kommt in einer Phase des Umbruchs. Seit April dieses Jahres steuert der aus Dortmund stammende Jochen Hanebeck (54) den europäischen Marktführer. Der AR bestellte ihn bis Ende März 2027. Damit wird künftig das Tandem Hanebeck-Diess die Entwicklung von Infineon prägen. Der AR-Vorsitz wäre für Diess sein erstes Mandat in einem Kontrollorgan nach dem Ende seiner Ära im VW-Reich. Als VW-CEO war er unter anderem in Personalunion Chefaufseher der Ingolstädter Konzerntochter Audi.
Hanebeck kennt den Konzern wie seine Westentasche. Der Diplom-Elektrotechniker arbeitet für die frühere Siemens-Tochter seit 1994. Diess ist ein erfahrener Topmanager der Autoindustrie. Infineon kann seine Kenntnisse gut gebrauchen. Das Autogeschäft ist der mit Abstand größte Bereich des Konzerns. Im derzeitigen Wirtschaftsabschwung rechnet der Infineon-CEO zwar 2023 mit einer leicht nachlassenden Dynamik, setzt sich aber auf mittlere Sicht ambitionierte Umsatz- und Ertragsziele. „In Anbetracht des sehr herausfordernden Umfelds, in dem Infineon agiert, freue ich mich, dass mit Dr. Herbert Diess der ideale Kandidat für die Nachfolge bereitsteht. Er kennt das Unternehmen und das industrielle Umfeld sehr gut“, ließ sich Eder in einer Pressemitteilung von Infineon zitieren. Das Unternehmen ist auf der Kapitalseite des AR bereits mit sehr guten Auto-Fachleuten besetzt. So gehört Friedrich Eichiner (67), ehemaliger Finanzvorstand von BMW, dem Organ seit 2020 an.
Klaus Helmrich tritt auch an
Eder verlässt Infineon nach einer abgeschlossenen Phase der Expansion insbesondere über Großakquisitionen in den USA. Er selbst bezeichnete die geplante Stabübergabe im AR als „richtigen Zeitpunkt“, Veränderungen im Aufsichtsrat vorzunehmen. „Zum einen ist Cypress, die mit rund 10 Mrd. Dollar Kaufpreis größte Akquisition von Infineon, heute erfolgreich integriert. Zum anderen leistet das neue Vorstandsteam mit Jochen Hanebeck an der Spitze hervorragende Arbeit. Gemeinsam haben wir vor dem Hintergrund des erfolgreichsten Geschäftsjahres in der Unternehmensgeschichte mit dem (…) neuen Target Operating Model langfristige Weichenstellungen für Infineon vorgenommen.“
Neben Diess hat der AR auch Klaus Helmrich (64), früheres Vorstandsmitglied von Siemens, als Kandidat für die Wahl in das Gremium nominiert. Helmrich, der u. a. dem AR des Autozulieferers ZF Friedrichshafen angehört, soll auf Hans-Ulrich Holdenried (70) folgen.