Logistik

HHLA-Chefin Titzrath spürt Vertrauen vor MSC-Einstieg beim Hafenkonzern

Nach dem geplanten Einstieg des Reederei-Konzerns MSC bei der HHLA steht der Vorstand des Hamburger Hafenlogistikunternehmens vor einem Umbau. Dass Angela Titzrath an der Spitze bleibt, ist möglich. Ihr aktueller Vertrag endet in knapp einem Jahr.

HHLA-Chefin Titzrath spürt Vertrauen vor MSC-Einstieg beim Hafenkonzern

HHLA-Chefin spürt Vertrauen vor MSC-Einstieg

Von Carsten Steevens, Hamburg

Am Montag um 24 Uhr endet für die Aktionäre des Hamburger Hafenlogistikunternehmens HHLA die erste Frist zur Annahme des MSC-Angebots. Der familiengeführte und in Genf ansässige Reederei-Konzern Mediterranean Shipping Company (MSC) will mit einem Anteil von 49,9% beim wichtigsten Unternehmen im größten deutschen Seehafen einsteigen, während die Stadt Hamburg eine Reduzierung ihrer Beteiligung von 69 auf 50,1% plant. Die HHLA-Führung hält den Angebotspreis von 16,75 Euro je A-Aktie für angemessen und unterstützt die am 13. September bekannt gewordene Offerte nach zwischenzeitlich erreichten Zusagen der beiden voraussichtlichen Eigentümer für die langfristige Entwicklung des Unternehmens.

Betriebsrat warnt

Sollten die freien Aktionäre das Angebot annehmen, wofür auch eine weitere Frist voraussichtlich vom 24. November bis 7. Dezember eingeräumt werden könnte, muss die Transaktion noch durch die Europäische Kommission und durch Behörden diverser Staaten sowie durch die Hamburgische Bürgerschaft genehmigt werden. Die Verfahren könnten sich bis weit ins kommende Jahr hinziehen. Kritisiert wird der Deal aktuell vor allem durch den HHLA-Betriebsrat, der vor einer Abhängigkeit von MSC warnt, Risiken für diverse Konzernteile sieht und eine weitsichtige politische Strategie der Stadt für die HHLA und den Hamburger Hafen vermisst. Privatanleger und die Hamburgische Bürgerschaft sollten das Angebot nicht annehmen, so die Empfehlung der Arbeitnehmervertreter.

Zu den offenen Fragen im Zuge der Offerte gehört, wer die HHLA in Zukunft führen wird. Seit der Abberufung von Tanja Dreilich vom Posten des Finanzvorstands per Ende Juni nach kaum fünf Monaten im Amt besteht der Vorstand aus drei Mitgliedern. Der Ende 2018 verlängerte Vertrag der seit Anfang 2017 amtierenden Vorstandsvorsitzenden Angela Titzrath läuft zum 1. Oktober 2024 ab. Aus der MSC-Angebotsunterlage geht hervor, dass dem HHLA-Vorstand künftig vier Personen angehören sollen. Zwischen Hamburg und dem Konzern mit der weltweit größten Containerreederei wurde vereinbart, dass die Stadt den Vorstandsvorsitzenden und den Arbeitsdirektor vorschlagen darf, der Konzern mit der weltweit größten Containerreederei den Finanzvorstand und den Technikvorstand.

Auftrag an Grube

Anzeichen, dass es an der Vorstandsspitze zu einer Veränderung kommen könnte, gab es in den vergangenen Wochen nicht. In der Hauptversammlung im Juni etwa stellte sich HHLA-Aufsichtsratschef Rüdiger Grube - noch vor Bekanntwerden der MSC-Offerte - Spekulationen über eine Ablösung von Titzrath entgegen, die von 2012 bis 2014 den Posten des Personalvorstands bei der Deutschen Post einnahm und davor gut zwei Jahrzehnte in verschiedenen Funktionen im Daimler-Konzern tätig war. Die 57-Jährige habe die HHLA zukunftsfähig aufgestellt und halte das Unternehmen auch unter schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Umständen auf Kurs, so der frühere Bahn-Chef. Er habe bereits den Auftrag des Aufsichtsrats erhalten, sich um eine Verlängerung des Vertrags der Vorstandsvorsitzenden zu bemühen.

Vorab nicht informiert

In einem am 8. November im "Hamburger Abendblatt" erschienenen Interview verneinte Titzrath die Frage, ob sie überlegt habe, ihren Job aufzugeben. Nachvollziehen kann sie ihrem Bekunden nach das Prozedere der Stadt, den HHLA-Vorstand vor Bekanntwerden der MSC-Einstiegspläne nicht in die Gespräche mit dem Reederei-Konzern einbezogen zu haben. "Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass die Expertise des Gesamtvorstandes und des Aufsichtsrates zu einem frühen Zeitpunkt eingeholt worden wäre." Sie habe aber auch Verständnis dafür, dass die Stadt Hamburg als Mehrheitsaktionär, der bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen beachten müsse, einen anderen Weg ging.

Zusagen nachverhandelt

Wichtig sei ihr, so erklärt die aus Essen stammende Titzrath weiter, dass der Vorstand in den Verhandlungen mit Stadt und Reederei-Konzern die für das Logistikunternehmen und seine Stakeholder wichtigen Punkte nachverhandeln konnte. "Das zeigt mir, dass die Stadt dem Vorstand vertraut und von dessen Kompetenz überzeugt ist." Ihre Empfehlung zur Annahme der MSC-Offerte stützen Vorstand und Aufsichtsrat der HHLA auf einen verbindlichen Vorvertrag für eine Zusammenschlussvereinbarung, der neben Zusagen für Beschäftigten und Kunden vorsieht, dass Stadt und Reederei-Konzern der HHLA in den kommenden Jahren zusätzliches Eigenkapital über 450 Mill. Euro für Investitionen in den Geschäftsbetrieb zur Verfügung stellen werden.

Ob der Teilverkauf an MSC mit Blick auf die Geschäftsentwicklung überhaupt notwendig sei? Die Frage müsse den politisch Verantwortlichen gestellt werden, sagt die HHLA-Chefin in dem Zeitungsinterview. Das Unternehmen sei operativ erfolgreich und finanziere seine Investitionen aus eigener Kraft. "Wir haben die HHLA in den vergangenen sechs Jahren zu einer Perle gemacht." Das Unternehmen sei von einem Hafenkonzern zu einem führenden Player in der Transport- und Logistikbranche in Europa geworden und habe, so Titzrath, Begehrlichkeiten nicht nur bei MSC, sondern auch bei anderen geweckt. Bekannt ist, dass sich auch der größte Hafenkunde, die Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd, einen Einstieg bei der HHLA vorstellen konnte, allerdings nicht als Junior-Partner der Stadt.

Lobbyisten-Rolle

MSC will ihren Warenumschlag an den Hamburger HHLA-Terminals ab 2025 deutlich ausbauen und von 2031 an 1 Million Stahlboxen über die Kaikanten bringen. Für den Hamburger Hafen, der in den vergangenen Jahren im Wettbewerb mit den größeren Nordseehäfen Rotterdam und Antwerpen Marktanteile verlor, wären besser laufende Umschlaggeschäfte sowie größere finanzielle Spielräume für Investitionen in Terminalanlagen und das europäische Hinterlandgeschäfts bedeutsam. Für das Logistikunternehmen wird sich bald auch die Frage nach der Besetzung des Vorstands stellen. Wann der Aufsichtsrat entscheiden wird, ist noch unklar. Personalfragen stünden derzeit "nicht im Fokus", teilt das Unternehmen mit. Für die Hafenwirtschaft über Hamburg hinaus engagiert sich die amtierende HHLA-Chefin derweil auch als Präsidentin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Und auch in diese Rolle hat Titzrath derzeit Investitionsanforderungen im Blick, fordert die Branche zur Instandhaltung und Modernisierung der für die Exportnation wichtigen Häfen in den fünf Küstenländern eine Verzehnfachung der jährlichen Bundesmittel auf rund 400 Mill. Euro.

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