Lee Man Tat

Hongkong nimmt Abschied vom Austernsaucen-König

In Hongkong wird Abschied vom stadtbekannten Unternehmensbaron und Multimilliardär Lee Man Tat genommen, der im Alter von 91 Jahren verstorben ist. Zuletzt im Jahr 2019 stand er auf dem dritten Platz der „Forbes“-Reichenliste für Hongkong. Der...

Hongkong nimmt Abschied vom Austernsaucen-König

Von Norbert Hellmann, Schanghai

In Hongkong wird Abschied vom stadtbekannten Unternehmensbaron und Multimilliardär Lee Man Tat genommen, der im Alter von 91 Jahren verstorben ist. Zuletzt im Jahr 2019 stand er auf dem dritten Platz der „Forbes“-Reichenliste für Hongkong. Der Chairman und Haupteigentümer der vor allem für ihre Würzflüssigkeiten bekannten Lee Kum Kee Group ist gerne als Austernsaucen-König bezeichnet worden, was durchaus respektvoll gemeint ist. Lee Kum Kee ist der bekannteste Hersteller der in der chinesischen Küche unverzichtbaren Austernsauce und im chinesischen Raum eine der renommiertesten Verbrauchermarken überhaupt – ganz so wie der US-Saucenhersteller Heinz als Sinnbild für Ketchup steht. Lees Großvater, der tatsächliche „Erfinder“ der Austernsauce, hatte die Firma im Jahr 1888 gegründet.

Der Name Lee verbürgt sich in jedem Fall für sogenanntes Old Money in der früheren britischen Kronkolonie und jetzigen chinesischen Sonderverwaltungszone, deren wirtschaftliche Geschicke von Familienclans und mächtigen Unternehmens-Tycoons geprägt worden sind. Charakteristisch für die alte Hongkonger Garde ist, dass sie von kinderreichen Patriarchen gelenkt werden, die dafür sorgen, dass ihre Imperien in Familienhand bleiben und die nichts von wohlverstandenem Ruhestand wissen wollen.

So nimmt es nicht wunder, dass auch Lee noch über 90-jährig als Chairman bei der Lee Kum Kee Group Hand angelegt hat, an deren Spitze er vor fünf Jahrzehnten getreten war. Lee stieg im Jahre 1954 in die Geschäfte ein, um seinem Vater Lee Shiu Nan zu assistieren, und übernahm nach dessen Tod die Geschäftsführung. Nachdem es zeitweilig zu Konflikten mit einer ganzen Reihe von bei Lee Kum Kee involvierten Onkeln und Familienmitgliedern gekommen war, gelang es Lee Man Tat, die Eigentümerstruktur neu zu ordnen. Dabei wurde sein Bruder mit Anteilen bedacht und in die Konzernführung eingebunden.

Die Lee Kum Kee Group stützt sich freilich nicht nur auf Küchenprodukte, sondern betreibt wie praktisch alle Hongkonger Clans auch Immobiliengeschäfte im großen Stil. Dabei ragt ein internationaler Deal im wahrsten Sinne des Wortes heraus, nämlich die Akquisition eines ikonischen Londoner Büroturms, der wegen seiner eigentümlichen Form als „Walkie-Talkie“ bekannt ist und stolze 1,3 Mrd. Pfund (1,5 Mrd. Euro) gekostet hat. Was die nun imminente Nachfolgeregelung im Hause Lee angeht, steht in erster Linie Sohn Charlie als gegenwärtiger Leiter der Lebensmittelsparte bereit. Damit hat Hongkong einen neuen Austernsaucen-König.