HSBC-Chefin Schmettow tritt von der Bühne ab
Von Annette Becker, Düsseldorf
Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt, um von der Bühne abzutreten, umgekehrt ist daher auch jeder Zeitpunkt der richtige. Dieser Satz hat Carola von Schmettow, Vorstandschefin von HSBC Deutschland, seit Monaten umgetrieben. Nun zieht sie die Konsequenz und kehrt der Bank, die seit beinahe 30 Jahren ihre berufliche Heimat war, aus freien Stücken den Rücken. Der Zeitpunkt ist dennoch gut gewählt. So sind die gesellschaftsrechtlichen Fronten seit der vollständigen Übernahme durch die britische Mutter HSBC im Herbst 2020 geklärt und das dazugehörige Restrukturierungsprogramm auf den Weg gebracht. Zugleich blicken die Düsseldorfer der Pandemie zum Trotz auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Dank brummender Kapitalmarkt- und Wertpapiergeschäfte gelang ein Ergebnissprung um 30 %.
Natürlich hätte es für von Schmettow, die die Bank seit Juni 2015 leitet und dem Vorstand seit 17 Jahren angehört, gerade mit Blick auf die Integration in die HSBC-Gruppe noch eine Menge zu tun gegeben. Doch ist die 57-Jährige der Managertyp, der getreu der Maxime „ganz oder gar nicht“ arbeitet. Am Ende hat sie sich – mit Sicherheit wohlüberlegt – für „gar nicht“ entschieden.
Das spiegelt sich auch darin, dass die Bankerin nicht in den Aufsichtsrat wechseln will. Nach ihrer Ansicht verbietet sich dies schon aus Corporate-Governance-Gründen. Das ist Ausdruck innerer Überzeugung und verdient Respekt. Die Entscheidung, ihrem langjährigen Arbeitgeber den Rücken zu kehren, ist Teil der persönlichen Lebensplanung, zumal das Präsidiumsmitglied des privaten Bankenverbands (BdB) vielfältig interessiert und talentiert ist. Neben der Familie, Schmettow hat fünf Kinder, spielt Musik dabei eine ganz wichtige Rolle. Zwar strebt die diplomierte Altistin nach eigenem Bekunden keine zweite Karriere als Musikerin an, doch beherrscht sie sprichwörtlich die Klaviatur der Vielseitigkeit. Denn von Schmettow hat nicht nur Musik studiert, sondern quasi nebenbei noch ein Mathestudium absolviert. Von daher muss man sich nicht sorgen, dass die Bankchefin bald Langeweile plagen wird. Eher dürfte das Gegenteil der Fall sein.
Von der Musik zur Bank
„Ich hatte das Gefühl, dass ich es nicht bis ganz an die Spitze schaffen könnte“, begründete von Schmettow vor Jahren ihren 1992 vollzogenen Schwenk von der Musik in die Bank, in der sie es bis an die Vorstandsspitze schaffte. Weitere Sprossen auf der Karriereleiter – wie man hört, wurden ihr in der HSBC-Gruppe mehr als einmal hochdekorierte Posten angeboten – hat sie aus freien Stücken nicht erklommen. Das belegt einerseits den Ehrgeiz, der von Schmettow treibt, andererseits aber auch den Mut, aus der Konvention auszubrechen. Die Personalie kommt in der Öffentlichkeit einem Paukenschlag gleich und dürfte in der Bank für Unruhe sorgen – zumal ja nicht anzunehmen ist, dass von Schmettow der Abschied, auch wenn er frei gewählt ist, emotional leichtfällt. Doch hat die „Frau in Führungsposition“, die sich nie als solche verstanden wissen wollte, ihre Nachfolgeplanung schon längst vorbereitet.
Zum 1. Mai tritt Firmenkundenvorstand Nicolo Salsano die Nachfolge als Sprecher des Vorstands an. Damit setzt die einstige Privatbank traditionsgemäß auf eine interne Lösung. Salsano hat zwar anders als seine Vorgängerin nicht sein gesamtes Berufsleben bei HSBC verbracht. Dem Vorstand gehört der 50-Jährige jedoch seit Oktober 2018 an und galt als natürlicher Nachfolger für die Führungsposition.
Salsano ist ein erfahrener Investmentbanker, der bei der Schweizer Crédit Suisse, für die er 17 Jahre lang arbeitete, groß geworden ist. Zwischen 2013 und 2017 leitete er das Investment Banking in Deutschland und Österreich. Vor dem Wechsel zur deutschen HSBC folgte ein kurzer Ausflug zum chinesischen Versicherer Anbang.