Iberdrola-Chef in Spionageaffäre verwickelt
Von Thilo Schäfer, Madrid
Wie eine Riesenkrake greifen die Machenschaften des früheren Polizeikommissars José Manuel Villarejo um sich und versetzen Wirtschaftsführer und Politiker in Spanien in Panik. Nun hat es Ignacio Sánchez Galán, den langjährigen Chef des Energiekonzerns Iberdrola, erwischt. Wie andere Bosse muss sich der 70-Jährige wegen der Beauftragung des zwielichtigen Privatdetektivs vor Gericht verantworten, wie am Mittwoch bekannt wurde.
Villarejo hat in einer lukrativen Nebentätigkeit über Jahrzehnte für seine Kunden Konkurrenten, unbequeme Politiker, Richter oder Aktivisten ausspioniert und viele andere schmutzige Jobs übernommen. Der Richter des Nationalen Gerichtshofes sieht ausreichende Anzeichen dafür, dass Sánchez Galán und drei weitere Vorstände des Energiekonzerns Villarejo beauftragt hatten. Von 2004 bis 2012 sollen sie über eine Zwischenfirma 15 Rechnungen mit einem Gesamtwert von gut 1 Mill. Euro genehmigt haben.
In einem Fall, der seit Monaten durch die spanischen Medien geht, soll der Privatdetektiv Florentino Pérez den Vorsitzenden des Bau- und Mischkonzern ACS sowie des Fußballvereins Real Madrid ausspioniert haben. Die Iberdrola-Bosse wollten offenbar herausfinden, welche Absicht Pérez mit dem Einstig ins Kapital des Stromriesen verfolgte. Auch der frühere Vorsitzende des Hauptkonkurrenten Endesa, Manuel Pizarro, wurde bespitzelt.
Um den Bau eines Kraftwerks in Andalusien zu ermöglichen, schleuste sich Villarejo in örtliche Umweltschutzgruppen ein, die sich dem Projekt widersetzten. Ein Geschäftspartner für Ökostrom aus der Schweiz wurde ebenfalls unter die Lupe genommen.
Sánchez Galán hatte im Mai angeboten, freiwillig zu den Vorwürfen vor Gericht Stellung zu beziehen. Doch der Richter wartete die Erkenntnisse der Antikorruptionsbehörde ab. Nun muss der Iberdrola-Chef auf der Anklagebank Platz nehmen. Das Unternehmen hat Bereitschaft zur Aufklärung zugesichert.
Der Manager von Iberdrola ist nicht der erste seiner Kollegen aus dem Ibex 35, die sich wegen der Dienste Villarejos vor Gericht verantworten müssen. Die Chefs des Erdölkonzerns Repsol, Antonio Brufau, und der Stiftung La Caixa, Hauptaktionär von Caixabank, Isidro Fainé, wurden wegen anderer Spionagefälle vor Gericht zitiert. Für die Großbank BBVA sind die früheren Geschäftsbeziehungen zu Villarejo zum Imageproblem geworden. Der Kommissar hat mit seinen geheimen Aufzeichnungen auch den emeritierten König Juan Carlos bloßgestellt.
Im März wurde Villarejo wegen des Ablaufs der Frist für die Untersuchungshaft entlassen und soll im November verurteilt werden. Er wolle nun richtig auspacken, drohte der Kommissar außer Dienst.