Neuer Swiss-CEO kommt von City Airlines
Auf halber Strecke nach Zürich abgebogen
lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Kaum gestartet, verliert die neue Fluggesellschaft der Lufthansa, City Airlines, demnächst schon ihren Chef. Der Geschäftsführer der Lufthansa City Airlines, Jens Fehlinger, wird zum 1. Oktober neuer CEO der Lufthansa-Tochter Swiss, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Er folgt auf Dieter Vranckx, der am kommenden Montag in den Konzernvorstand der Lufthansa wechselt.
Fehlinger hat federführend den neuen Lufthansa-Ableger City Airlines aufgebaut, der erst vor wenigen Tagen an den Start gegangen ist. Die neue Airline fliegt derzeit ab München, von Sommer 2025 an soll sie auch von Frankfurt aus möglichst viele Zubringerflüge übernehmen, um Passagiere zu den Langstreckenfliegern an den beiden Drehkreuzen zu bringen. Fehlinger sprach kurz vor dem Start von „einer der größten strategischen Investitionen der letzten Jahre“. Aus Kostengründen hatte sich Lufthansa in den vergangenen Jahren immer weiter aus diesem Geschäft zurückgezogen. Mittlerweile fliegt sie weniger als die Hälfte aller Zubringer selbst, viele sind an günstigere Töchter wie Austrian Airlines, Swiss oder die italienische Air Dolomiti ausgelagert. Der sogenannte Feeder-Verkehr ist nötig, um die vielen Langstreckenmaschinen in Frankfurt und München zu füllen und diese profitabel fliegen zu können.
Mögliches Druckmittel
Das Projekt war und ist umstritten, zumal bei den Gewerkschaften. Zeitweise hatte man das Gefühl, es werde vor allem genutzt, um die Piloten auf Sparkurs zu bringen. Denn die aus Sicht des Managements hohen Kosten in diesem Segment hatten dafür gesorgt, dass dort in der Regel kaum Geld verdient wurde. Die Mitarbeiter der neuen Airline sollen nun vor allem mit höherer Produktivität arbeiten, also mehr Stunden für ein ähnliches Gehalt. Fehlinger betont, City Airlines biete „gute Arbeitsbedingungen“ und man bekomme vier- bis fünfmal so viele Bewerbungen wie Jobs vorhanden seien.
Am Unternehmenssitz München schafft die neue Fluglinie in diesem Jahr 200 Arbeitsplätze in Cockpit und Kabine, nächstes Jahr sollen es dann weitere 400 werden, ein Teil davon in Frankfurt. Außerdem hat die Führung von City Airlines den Gewerkschaften Verhandlungen über Tarifverträge angeboten, wobei Fehlinger gleich betont: „Natürlich müssen die Kosten stimmen.“ Der Airline-Manager ist selbst Pilot und fliegt derzeit im Airbus A320, nach fast 10 Jahren im Riesenflieger A380. Bevor der gebürtige Mainzer die Airline-Leitung übernahm, verantwortete er unter anderem das Krisenmanagement-Office der Lufthansa Group, während der Pandemie eine echte Herkulesausgabe für den zweifachen Vater.
Bei der Suche nach neuen Mitarbeitern hat die neue Airline auch die Kollegen der Lufthansa Cityline im Auge, als deren Geschäftsführer Fehlinger derzeit ebenfalls fungiert. Cityline wird nach und nach schrumpfen, weil Flugzeuge die Flotte verlassen und keine neuen nachkommen. Deshalb brauchen die Mitarbeiter dort neue Aufgaben.
Auf halber Strecke abgebogen
Die Pilotenvereinigung Cockpit bleibt bei ihrer ablehnenden Haltung und verweist darauf, dass man mehrfach Zugeständnisse angeboten habe, um einen Fortbestand der Cityline zu ermöglichen. „Insofern hätte es der nunmehr von Seiten des Lufthansa-Konzerns in Angriff genommenen Abwicklung der Lufthansa Cityline und der vermeintlichen Umgehung der bestehenden tariflichen Regelung durch die Neugründung der Lufthansa City Airlines, nicht bedurft“. Klingt nicht nach einer Annäherung noch während Fehlingers Amtszeit. Noch keine Tarifverträge verhandelt, das Geschäft ab Frankfurt noch nicht ausgerollt – augenscheinlich biegt der City Airlines-Chef auf halber Strecke nach Zürich ab. Bisher hatte es, so war aus Unternehmenskreisen zu hören, eher danach ausgesehen, als käme ein externer Kandidat bei der Swiss zum Zuge.
Mit der Schweizer Airline übernimmt der 43-jährige Ingenieur für Luftfahrtsystemtechnik und -management, der außerdem an der TU Darmstadt Verkehrswesen studiert hat, die Ertragsperle im Konzern. Das Unternehmen wirft unter den Airlines des Konzerns in der Regel die höchsten Renditen ab. Zudem gilt die Firma als Kaderschmiede der Lufthansa Group. Der bisherige Chef wechselt nun in den Konzernvorstand, sein Vor-Vorgänger an der Swiss-Spitze, Harry Hohmeister, saß ebenfalls viele Jahre im obersten Führungsgremium. Und Christoph Franz, Swiss-Chef von 2004 bis 2009, war ab 2011 als Vorgänger von Carsten Spohr sogar CEO der Lufthansa.
Bis zum Antritt von Fehlinger im Oktober wird Heike Birlenbach, Chief Commercial Officer der Swiss, das Amt des CEO interimistisch übernehmen. Über die Nachfolge von Fehlinger bei CityLine und City Airlines ist noch nichts bekannt.