Imtech-Chef schließt den Kehraus mit Verkauf ab
Von Walther Becker, FrankfurtVorgefunden hat er vor mehr als zwei Jahren Korruption und “Luftnummern” und mit den Aufräumarbeiten begonnen. Jetzt steht Geschäftsführer Felix Colsman kurz vor dem Ziel: Der insolvente Bauausrüster und -diensleister Imtech Deutschland wird in Kürze einen neuen Hausherrn haben. Mit dem geplanten Verkauf des Hauptgeschäfts – und parallel einiger Randbereiche – soll ein Großteil der vormals rund 4 000 Arbeitsplätze gerettet werden.Hinter Colsman und der Belegschaft mit ihrem hohen Ingenieursanteil liegen eine harte Wegstrecke und eine lange Phase der Ungewissheit. “Es ist nicht einfach, das Tagesgeschäft zu führen und zunächst das Überleben und dann die Investorensuche mit Hochdruck zu betreiben”, sagt der 45-Jährige im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Er arbeite Hand in Hand vertrauensvoll mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt zusammen. EY ist mit dem Verkaufsmandat betraut. Schnelle TransaktionDer Großteil von Imtech soll bis Anfang November veräußert sein. “Wir wollten einen schnellen Verkauf, damit der Betrieb auf sicheren Beinen steht”, beschreibt er das ambitionierte Ziel, das er nun nahezu erreicht hat. Und schließlich werden jetzt von Bauherren Verträge für 2016 und die Folgejahre vergeben.Die Insolvenz hatte am Ende auch einen positiven Effekt: Dadurch konnte die deutsche Gesellschaft die Leinen zur ehemaligen niederländischen Mutter kappen, von der in der Stunde der Not keine Mittel mehr gekommen waren und die längst auch insolvent ist. “Wir wollten die große Lösung”, betont Colsman, also das Zusammenbleiben des Dienstleistungs- und Anlagenbaugeschäfts Deutschland, das zwar für negative Schlagzeilen in Verbindung mit dem Debakel um den Bau des Berliner Flughafens BER gesorgt hat, aber nach Jahren harter Sanierung unter seiner Leitung einen gesunden und profitablen Kern habe.Es gehe ihm darum, “für jeden Teil der Imtech die beste Heimat zu finden”, betont Colsman. Verkauft wurde separat die Contracting GmbH, ein vom Kerngeschäft weitgehend unabhängiges Spezialgeschäft mit langfristigen Finanzierungsverträgen. Die Tochter Automotive Testing Solutions, “klassischer Maschinenbau und insofern ein Exot in unserem Portfolio”, ging an die hessische Weiss Umwelttechnik, die zur Schunk-Gruppe gehört.Und die Bewertung? “Arbeitsplatzsicherheit geht vor Kaufpreis”, betont der Restrukturierungsexperte klipp und klar. “Je mehr übernommen wird, umso geringer sind die Folgekosten”, begründet er dies. Und für Gläubiger sei dies am besten, werde so doch die größtmögliche Masse erzeugt. Bankverbindlichkeiten bestehen so gut wie keine, die liefen über die holländische Mutter. Es handele sich bei Imtech um ein Asset-light-Geschäft, man biete vor allem Engineering-Dienstleistungen und komme ohne teure Anlagen aus – das sei attraktiv für Erwerber.Auf die Tube drücken mit der Suche nach einem neuen Investor ist insofern wichtig, da sonst die Leute weglaufen und der Finanzpuffer schmilzt. Die Avalgeber, der Pensionssicherungsverein, die Bundesanstalt für Arbeit und die Lieferanten sind die Gläubiger. Rund 80 Mill. Euro hatte Imtech Deutschland am Tag der Insolvenzeröffnung auf dem Konto. Inzwischen habe er eine neue Compliance installiert und einen Schlussstrich unter die teils kriminellen Vorgänge mit Scheinrechnungen, gefälschten Unterlagen, Korruption und Führungschaos, also die Misswirtschaft der Vergangenheit, gezogen, so dass ein Käufer eine Imtech ohne Altlasten bekomme. “Mit einem Asset-Deal als Übertragung werden alle alten Themen abgeschnitten”, betont er, “und damit wird die Sanierung abgeschlossen.”Mit der Insolvenzanmeldung wurde die Zahl der Projekte von 850 auf etwa 670 reduziert. Die Kunden seien alles in allem bei der Stange geblieben. Dabei hat Imtech durch Machenschaften der Vorgänger einen schweren Reputationsschäden erlitten. Wie Colsman, der seit 2013 an Bord von Imtech Deutschland ist, berichtet, habe man die Altlasten inzwischen abgearbeitet – auch gegen mancherlei Widerstand im Unternehmen – und hart restrukturiert. Seit zwei Jahren steckt das Unternehmen, dem noch 2011 die Königin der Niederlande das Prädikat “Royal” zugesprochen hatte, in der Krise. Anfang August 2015 meldete erst die deutsche Tochter Insolvenz an, kurz darauf stellte die holländische Mutter Antrag auf Gläubigerschutz. Nicht nur Kosten senkenColsman hat in seiner Karriere bisher vor allem eines gemacht: restrukturieren. Er war vor Imtech bei Johnson Controls in Building Efficiency, beim Brandschutzspezialisten Minimax Viking, der mehrfach von Private Equity gedreht wurde, berichtet er. Davor war er sechs Jahre bei Boston Consulting und drei Jahre bis 1998 bei Heitkamp & Thumann Assistent des Gesellschafters und früheren BDI-Präsidenten Jürgen Thumann. “Sie können ein Unternehmen nicht nur über Kostensenkungen führen, sondern müssen in die Zukunft investieren”, zieht er als Lehre aus den Erfahrungen; es gehe darum festzustellen, “wo sind die attraktiven Felder”, um den gesunden Kern zu erhalten und zu stärken. “In einer Restrukturierung zählt vor allem eines: Geschwindigkeit”, betont Colsman.