Infineon-Chef Ploss geht in die Verlängerung
Von Joachim Herr, MünchenReinhard Ploss kann seine Arbeit im Infineon-Konzern fortsetzen. Der Aufsichtsrat des Halbleiterherstellers mit dem neuen Vorsitzenden Wolfgang Eder (67) verlängerte am Dienstag den Vertrag des 63 Jahre alten Vorstandschefs bis Ende 2022. Bisher hatte der Vertrag von Ploss eine Laufzeit bis Ende September des nächsten Jahres.Nun kann der promovierte Verfahrenstechniker, der seit fast sieben Jahren an der Spitze von Infineon steht, gut zwei Jahre länger die Strategie bestimmen und die Integration von Cypress Semiconductor leiten. Der Wettbewerber in Kalifornien wird mit einem Preis von 9 Mrd. Euro die bisher teuerste Akquisition von Infineon, wenn der Vollzug wie geplant Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres gelingt.Mit Blick auf die Aufgaben, die sich mit Cypress stellen, überrascht die Vertragsverlängerung von Ploss trotz seines Alters nicht. Zudem gewinnt der Aufsichtsrat, der eben erst den ehemaligen Voestalpine-Chef Eder zum Vorsitzenden gewählt hat, Zeit für die Suche nach einem Nachfolger. Als Kandidat galt der langjährige Finanzvorstand Dominik Asam, doch dieser wechselte im April zu Airbus.Eder beginnt seine Tätigkeit als Chefaufseher mit einem Lob für Ploss, der “in den bislang sieben Jahren als CEO den erfolgreichen Kurs von Infineon entscheidend mitbestimmt” hat. Sowohl mit dem geplanten Kauf von Cypress als auch mit neuen technologischen Entwicklungen stehe Infineon vor entscheidenden strategischen Schritten. Dafür sei Ploss “mit seiner strategischen Weitsicht, seiner Erfahrung und seiner Führungskompetenz ein entscheidender Faktor”.Hinzufügen lässt sich, dass Ploss Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt und wie sein Vorgänger Peter Bauer nach etlichen Skandalen im von Intrigen geschwächten Münchner Unternehmen Ruhe durchsetzte. Ploss hat alles selbst miterlebt, denn der in Bamberg geborene Ingenieur kam schon 1986 in das Unternehmen, das bis 1999 zum Siemens-Konzern gehörte. Schon legendär ist der Auftritt des damaligen Vorstandschefs Ulrich Schumacher im Rennoverall und mit Porsche vor der Frankfurter Börse im März 2000.Nach der Trennung vom sehr volatilen Speicherchipgeschäft, das unter dem Namen Qimonda schließlich in die Insolvenz schlitterte, konzentrierte sich Infineon auf Logikchips mit dem Automobilgeschäft als einen Schwerpunkt.Ploss, der 2007 in den Vorstand berufen wurde, ging diesen Weg weiter. Erst in der vergangenen Woche bewies Infineon mit den Zahlen für das vergangene Quartal die gewonnene Robustheit, auch wenn Ploss die Geschäftsprognose aufgrund des abgeschwächten Halbleitermarkts im Februar und im März senken musste. Die umsatzstärkste Sparte Automotive präsentiert sich stabil, was angesichts der aktuellen Lage schon ein Erfolg ist. Infineon kommt zugute, dass der Anteil von Chips in Autos steigt. Assistiertes Fahren und Elektromobilität verstärken diesen Trend. Infineon ist hier manchen Wettbewerbern voraus und gewinnt Marktanteile. Wohlwollende ReaktionMit Cypress will Ploss Infineon auch im Autosegment verstärken. Bisher liegt der Münchner Konzern hier mit einem Marktanteil von gut 11 % knapp hinter dem führenden niederländischen Konzern NXP. Ploss wirbt für die Akquisition, die manchen Aktionär erschreckte. Bei der Bekanntgabe Anfang Juni sackte der Aktienkurs um 8 % ab. Dass der Vertrag des Vorstandschefs verlängert wird, nahm die Börse am Dienstag wohlwollend auf: Der Kurs stieg zeitweise um knapp 2 %.Ploss äußert sich erfreut, “mit dem bewährten Führungsteam die Erfolgsgeschichte von Infineon fortzuschreiben”. Er zeigt sich davon überzeugt, von der wachsenden Nachfrage nach Mikroelektronik profitieren zu können. Infineon stelle dies sicher mit Investitionen in Produktion, Forschung und Entwicklung sowie mit der Akquisition von Cypress, die die Strategie ergänze. Der abgetretene Aufsichtsratschef Eckart Sünner (75) attestiert Ploss ein Gespür für die großen Chancen.