Eine Sparringspartnerin für den Vorstand
Eine Sparringspartnerin für den Vorstand
Von Joachim Herr, München
Für die Antwort auf die Frage, was eine erfolgreiche Kommunikation mit dem Kapitalmarkt vor allem auszeichnet, muss Stefanie Zimmermann nicht lange überlegen: „Entscheidend ist, kontinuierlich zu kommunizieren und nichts zu verbergen“, rät die Leiterin der Abteilung Investor Relations (IR) von Nemetschek. „In guten wie in schlechten Zeiten kommt es vor allem auf Transparenz an.“
Ein wesentlicher Punkt ist aus ihrer Sicht: immer die gleichen Kennzahlen veröffentlichen, auch wenn die eine oder andere mal weniger gut ausfällt. Es liegt zwar auf der Hand, bewahrheitet sich aber immer wieder: "Das Vertrauen des Kapitalmarkts kann schnell verloren gehen, kommt aber nur langsam zurück“, sagt die 53-Jährige.
„Eng eingebunden“
Für eine überzeugende Investor-Relations-Arbeit ist die Nähe zum Vorstand sehr wichtig. Nur so gelingt es, früh informiert zu sein und umfassend zu informieren. „Ich habe das Glück, dass mich alle Vorstandssprecher beziehungsweise -vorsitzenden von Nemetschek eng eingebunden haben und einbinden und die Bedeutung der IR erkennen“, berichtet Zimmermann. Sie sieht ihre Rolle auch als Sparringspartnerin für den Vorstand. Oft werde sie um Rat gefragt. "Wenn dem Kapitalmarkt etwas falsch kommuniziert wird, schadet das nicht nur dem Unternehmen, sondern letztlich auch dem Vorstand selbst.“
Für Kommunikation begeistert
Stefanie Zimmermann hat viel Erfahrung, seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie in der Kommunikation mit Investoren, Analysten und auch Medien. Seit 2013 leitet sie bei Nemetschek, dem Münchner Anbieter von Bausoftware, ein Team mit inzwischen sieben Kolleginnen und Kollegen. Mit ihrem Beruf kam sie schon während ihres Betriebswirtschaftsstudiums an der Universität Erlangen-Nürnberg, das sie mit dem Diplom abgeschlossen hat, erstmals in Berührung. Der wegen seiner Auftritte im Fernsehen über die Hochschule hinaus bekannte Professor für Bank- und Börsenwesen, Wolfgang Gerke, begeisterte sie für Kommunikation, wie Zimmermann erzählt.
Als Werkstudentin in der HypoVereinsbank kam sie in Kontakt mit dem Medizintechnik-Start-up Wave Light in Erlangen, eine Ausgründung von Carl Zeiss. Im September 2000 ging die auf Augenheilkunde spezialisierte Firma an die Börse. Zimmermann blieb dort bis Ende 2006 und lernte das Handwerk für IR, ehe Wave Light an das US-Pharmaunternehmen Alcon verkauft wurde.
„Mädchen für alles“
Gern erinnert sie sich an ihre erste Station: „Meine Arbeit dort war sehr abwechslungsreich. Das hat mich an IR gebunden." Seitdem habe sie nie einen anderen Beruf in Erwägung gezogen. In dem Start-up Wave Light leistete sie Pionierarbeit: „Ich war dort sozusagen Mädchen für alles und habe zum Beispiel auch die Unternehmenskommunikation betreut.“ Alles empfand sie als sehr spannend und lehrreich – die erste Hauptversammlung, den ersten Geschäftsbericht, den ersten Quartalsbericht.
Es folgten die Stationen Norcom und Augusta, die beide wie Wave Light am Neuen Markt der Frankfurter Börse waren. Zimmermann leitete die IR und die Unternehmenskommunikation. 2012 wechselte sie zu Audi: „Dort war ich nur mit dem Finanzreporting befasst“, berichtet sie. "Da habe ich die anderen Aufgaben und den Kontakt zu den Investoren und Analysten vermisst.“ Nach nur neun Monaten in dem Autokonzern ergriff sie die Chance und wechselte zu Nemetschek.
Geringer Streubesitz als Makel
Ein Makel aus Sicht des Kapitalmarkts ist der relativ niedrige Streubesitz von 49%. Die Mehrheit besitzen die Familie und die Stiftungen des Unternehmensgründers Georg Nemetschek. „Dank der gestiegenen Marktkapitalisierung von Nemetschek und mehrerer Aktiensplits hat sich dieser Aspekt normalisiert", sagt die IR-Leiterin. Als sie vor elf Jahren begann, bewertete die Börse das Unternehmen mit 400 Mill. Euro. Jetzt sind es rund 10 Mrd. Euro.
Mit den Mehrheitsverhältnissen hadert sie nicht. „Einen starken Ankeraktionär zu haben, hat sehr viele Vorteile“, betont Zimmermann. "Wir müssen zum Beispiel nicht mit Aktionen von aktivistischen Aktionären rechnen.“
„Am Anfang nicht auf dem Radar“
Mit der Entwicklung des Unternehmens und seiner Wahrnehmung ist sie zufrieden. „Am Anfang hatten Investoren Nemetschek nicht auf dem Radar", meint sie. „Die Wenigsten von ihnen kannten das Unternehmen.“ Das habe sich allerdings geändert: „In der Community, vor allem in den USA und Großbritannien, sind wir längst bekannt und haben an Profil gewonnen.“ Da Nemetschek keine Produktmarke und in erster Linie in der Bauindustrie, Planern und Architekten ein Begriff ist, ist das Unternehmen in der Öffentlichkeit wenig bekannt. „Wir sind eher ein Hidden Champion“, sagt Zimmermann. In ihrem Bekanntenkreis stößt sie ab und zu auf die Reaktion: “nie gehört". Das betrübt sie schon ein wenig, wie sie zugibt.