PERSONEN

Karl-Josef Neukirchen gibt ein Lautzeichen

Von Walther Becker, Frankfurt Börsen-Zeitung, 12.9.2015 Dr. Karl-Josef Neukirchen lässt wieder einmal von sich hören. Der längst öffentlichkeitsscheue frühere Chef der Frankfurter Metallgesellschaft übernimmt über den "Familienkonzern Kajo...

Karl-Josef Neukirchen gibt ein Lautzeichen

Von Walther Becker, FrankfurtDr. Karl-Josef Neukirchen lässt wieder einmal von sich hören. Der längst öffentlichkeitsscheue frühere Chef der Frankfurter Metallgesellschaft übernimmt über den “Familienkonzern Kajo Neukirchen Gruppe” den mittelständischen Papierspezialisten Neenah Lahnstein. Verkäufer ist die im US-Bundesstaat Georgia beheimatete Neenah Paper, wie es in einer Mitteilung vom Freitag heißt. Damit gibt der “Familienunternehmer ohne Sehnsucht nach Rampenlicht” ein Signal. Mit eigenem FinanzchefDie Firma aus Lahnstein bei Koblenz setzt mit 200 Beschäftigten gut 50 Mill. Euro um. “Wir sind davon überzeugt, dass Neenah Lahnstein mit unserer Erfahrung bei der Führung mittelständischer Industrieunternehmen deutlich stärker und rentabler wachsen kann”, lässt sich der 73-Jährige zitieren. Er hat für seine Aktivitäten nun auch einen CFO engagiert: Dr. Michael Bauer kommt von der seit 2011 zum Portfolio zählenden Surfacto. Zum Imperium des Managers, der von Milliardär Otto Happel 2003 von der MG-Spitze vertrieben wurde und 13,2 Mill. Euro Abfindung erhielt, zählen fünf Unternehmen aus Industrie und Logistik mit zusammen knapp 1,1 Mrd. Euro (Angaben für 2013). Hinzu kommt eine größere Zahl von Immobilien, die Neukirchen teils über seine in Eschborn gesteuerte Familienobergesellschaft über Beiräte führt und teils privat hält.Das Management besteht aus dem sich als Sanierer verstehenden Neukirchen, der einst Topmanager von SKF, KHD, Hoesch, FAG und MG Technologies war, seinem Sohn Ralph sowie Claudio Wieland, Steffen Gerhardt und neuerdings Bauer.Neenah Lahnstein, 1911 gegründet, ist auf hochwertige Spezialpapiere und Vliese spezialisiert, wie sie zum Beispiel für fälschungssichere Dokumente, in der dem Wetter ausgesetzten Außenwerbung oder bei hochwertigen Wandverkleidungen benötigt werden. Überschneidungen mit dem Beteiligungsportfolio gibt es nicht; deshalb erwartet Neukirchen keine wettbewerbsrechtlichen Probleme bei der Übernahme.Die Kajo Neukirchen Gruppe versteht sich als Familienunternehmen, das sich auf Beteiligungen an deutschen Mittelständlern der Investitionsgüterindustrie spezialisiert hat. Ziel sei die “langfristige Wertsteigerung unter Beibehaltung der Unternehmensidentität der erworbenen Gesellschaften”. Neukirchen, von Dezember 1993 bis 2002 Vorstandschef der MG, hatte 2012 seine frühere Wirkungsstätte in der Mainmetropole gekauft: Er legte sich das Opernpalais, das Teil des Bürokomplexes “Die Welle” wurde, für einen Preis zu, der nach Angaben aus Finanzkreisen bei 30 Mill. Euro lag. Verkäufer war die Royal Bank of Scotland.Neukirchen galt jahrelang als der Mann der Deutschen Bank fürs Grobe in der Industrie, als Ausputzer für deren verpatzte Beteiligungen. Doch das ist nach Enttäuschungen längst nicht mehr so. Umhängen, verkaufen, abbauen, sanieren hat er vielfach praktiziert. Und er zog dies auf seine spezielle Art durch – mit Druck, barschem Ton und ohne Manschetten, wie frühere Mitarbeiter berichteten. Wohl kaum ein deutscher Top-Manager polarisierte so stark wie er. Seit seinem Weggang von der Metallgesellschaft wirkt der auch schon mal als “Rambo” titulierte Manager eher im Verborgenen.