Keine Schonfrist für den neuen CFO
Zufällig in der Wirtschaft gelandet
lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Gerade mal sechs Wochen ist es her, da zeigte sich der neue Lufthansa-Finanzvorstand Till Streichert im Gespräch mit der Börsen-Zeitung bestens gelaunt. Das Turnaround-Programm bei Lufthansa Airlines kam gut voran, vor allem in der operativen Stabilisierung werden Fortschritte gemacht. „Das Marktumfeld für das laufende Jahr ist positiv, insbesondere auf dem Nordatlantik“, betonte Streichert, der seit September 2024 an der Spitze des Finanzressorts steht.
Ob das auch noch sechs Wochen später so gilt, wird Streichert gemeinsam mit Konzernchef Carsten Spohr am Dienstag enthüllen. Dann präsentiert der Luftfahrt-Konzern Quartalszahlen. Diese fallen saisonbedingt im ersten Vierteljahr in der Regel mau aus. Wichtiger ist da der Blick auf die nahe Zukunft. Wie sieht es mit den Sommerbuchungen aus, auch und vor allem für den wichtigen Markt USA? Von dort kamen zuletzt beunruhigende Nachrichten: Deutlich weniger Reisende aus Übersee landen an den amerikanischen Flughäfen.
US-Carrier rudern schon zurück
Muss auch die Lufthansa stagnierende oder rückläufige Buchungen im Transatlantikgeschäft vermelden, könnte es für den Konzern in diesem Jahr ungemütlich werden. Denn das wichtige Kerngeschäft Lufthansa Airlines landete im abgelaufenen Geschäftsjahr in den roten Zahlen und sollte sich 2025 eigentlich einigermaßen berappeln. Das schien zu gelingen, Streichert sprach von einer „Trendwende“. Doch das war, bevor Donald Trump als neuer US-Präsident so richtig loslegte. Amerikanische Airlines sind mit ihren Erwartungen für dieses Jahr bereits zurückgerudert; die europäischen Wettbewerber halten sich noch bedeckt. Es könnte nun auf Streichert zukommen, hier als Erster schlechte Nachrichten zu überbringen. Die großen Wettbewerber Air France/KLM und International Airlines Group legen erst nach der Lufthansa Zahlen vor und dürften sich dann auch zu den aktuellen Entwicklungen äußern.
Streichert (51) kennt die Reisebranche gut, hat er doch vor seiner Lufthansa-Karriere das Finanzressort des Reservierungssystems Amadeus geleitet. Dennoch berichtet er von einer „steilen Lernkurve“ bei der Lufthansa. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass er sein Amt in einem herausfordernden Umfeld für die Luftfahrtbranche übernommen hat. Schon vor seinem Amtsantritt hatte die Lufthansa zwei Gewinnwarnungen verschicken müssen – „das lenkt den Fokus natürlich stark auf den CFO, und damit war der Anfang durchaus herausfordernd“, erinnert sich der Manager, der über einen Master-Abschluss in Politikwissenschaften und Philosophie der Leibniz-Universität Hannover verfügt und über Immanuel Kant promoviert hat.
T-Mobile war schneller als die Uni
An eine Karriere in der Wirtschaft habe er während des Studiums nie gedacht; er hatte vielmehr eine wissenschaftliche Karriere im Blick. „Mit einem Schrotschuss bewarb ich mich in viele Richtungen – auch um eine Juniorprofessur. Aber die Einladung zum Vorstellungsgespräch bei T-Mobile kam schneller als die Eingangsbestätigung der Universität", erinnerte sich Streichert vor vielen Jahren in einem Gespräch mit der „Zeit“. Damals, Streichert war gerade Assistent des Geschäftsführers von T-Mobile in Großbritannien geworden, sagte er, überlebenswichtig sei in dem Job, „wie ich als Philosoph sagen würde, die Fähigkeit zur Reduktion von Komplexität“. Eine Fähigkeit, die er auch als Finanzvorstand der Lufthansa gut gebrauchen kann.