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Keynote-Kronprinz vor der Krönung

Von Sebastian Schmid, Frankfurt Börsen-Zeitung, 24.6.2020 Im Juni dreht sich im Apple-Universum nun schon seit Jahren alles um das Thema Software. Damit schlägt dann schon seit mehr als einem halben Jahrzehnt die Stunde für Craig Federighi, der...

Keynote-Kronprinz vor der Krönung

Von Sebastian Schmid, FrankfurtIm Juni dreht sich im Apple-Universum nun schon seit Jahren alles um das Thema Software. Damit schlägt dann schon seit mehr als einem halben Jahrzehnt die Stunde für Craig Federighi, der Apples Software-Entwicklung leitet. In diesem Jahr findet die Weltentwicklerkonferenz des iPhone-Konzerns (WWDC) wegen der Coronavirus-Pandemie erst gegen Ende und nicht wie üblich zu Anfang des Monats statt. Damit hatte Apple ein paar Wochen mehr Zeit, die virtuelle Keynote und die anschließenden, ebenfalls ins Netz gewanderten Workshops vorzubereiten und auch die Chance, eine größere Anzahl an Apple-Managern in die Keynote einzubinden. CEO Tim Cook vertraute aber einmal mehr voll auf seinen Keynote-Kronprinz Federighi: iOS, macOS, watchOS und AirPodOS – der 51-jährige Amerikaner durfte mit etwas Kollegenunterstützung fast die gesamte Palette der Keynote-Vorstellungen bestreiten. Selbstironie statt PathosDer 51-Jährige gilt unter den Apple-Vorständen als womöglich bester Präsentationskünstler seit Steve Jobs – schon allein weil der Keynote-Kronprinz wie sein Vorbild zuweilen Selbstironie einfließen lässt, die den sonst mit viel Pathos auftretenden Apple-Managern auf der Bühne meist abgeht.2020 hat Federighi die bislang schwierigste Aufgabe in seiner Ägide als Software-Chef. Er muss Kunden und Entwickler gleichermaßen überzeugen, dass der von Apple am Montag angekündigte Wechsel von Intels CPUs auf eigene Prozessoren in den Mac-Rechnern eine lohnende Sache ist. Für Apple ist der Schritt hochriskant. Das Unternehmen rechnet damit, dass es zwei Jahre dauern wird, bis alle Macs auf die eigene Chip-Architektur umgestellt worden sind. Die ersten Geräte soll es noch vor Jahresende geben. Zwar bringt Apple auch weiterhin Mac-Rechner mit Intel-Chips heraus und CEO Tim Cook kündigte eine Software-Unterstützung über Jahre an. Aber wer begibt sich mit dem schon freiwillig gerne in eine technologische Sackgasse und zahlt dafür tausende Euro? Zu unattraktiv darf Federighi die neuen Apple-Macs aber auch nicht machen. Denn anders als der Schritt von Power-PC zu Intel ist der neuerliche Wechsel von den Anwendern nicht herbeigesehnt worden.Federighi sah sich am Montag also der unmöglichen Aufgabe gegenüber, einerseits die Vorteile der Computer mit eigenen Chips anzupreisen, ohne die zahlreichen Intel-Macs, die Apple in den kommenden Monaten auf den Markt bringen wird, den potenziellen Kunden madig zu machen. Federighis simples Versprechen: Alle Software, die auf Intel-Rechnern läuft, wird vom Emulator “Rosetta 2” auf den neuen Macs mit ARM-Prozessor laufen – und das deutlich flüssiger und zuverlässiger als die Power-PC-Anwendungen vor eineinhalb Dekaden auf Intel-PCs.Das Zusammenwirken von Soft- und Hardware hat den 1969 geborenen Manager bereits im Studium beschäftigt. Federighi hat einen Bachelor in Electrical Engineering und Computer Science der UC Berkely sowie einen Master in Computer Science. Mit seiner Expertise in Soft- und Hardware war er ein idealer Kandidat für Steve Jobs` Computerfirma Next, bei der er 1994 seine Berufslaufbahn startete. Fast zu SAP1996 wechselte er mit der Übernahme von Next zu Apple, wo er in der Softwareentwicklung blieb, bis er 1999 zum Unternehmenssoftwarehaus Ariba wechselte. Dort stieg er in kurzer Zeit zum Chief Technology Officer auf und machte Ariba zu einem global führenden Anbieter von Software, die Unternehmen den Austausch und die Kollaboration in der Cloud ermöglicht. SAPs Kauf von Ariba für 4 Mrd. Dollar kam 2012 dann drei Jahre zu spät, um Federighi zu verpflichten. Er wechselte 2009 zurück zu Apple und stieg dort in drei Jahren zum Verantwortlichen für die gesamten Softwareaktivitäten auf. Mittlerweile gilt er intern neben COO Jeff Williams als möglicher Nachfolger für den Fall, dass CEO Tim Cook aufhören sollte. Allerdings hat Federighi, dessen volle Haarpracht ihm den Spitznamen “Hair Force One” einbrachte, den Vorteil der Zeit auf seiner Seite. Williams ist mit 57 Jahren nur zwei Jahre jünger als Cook, Federighi ganze acht Jahre.