Komplexe Arbeitsteilung im Holcim-Präsidium
Von Daniel Zulauf, ZürichDie in der vergangenen Woche gefundene Formel zur Rettung der Fusion zwischen den beiden Zementkonzernen Holcim und Lafarge erweist sich rechtlich und praktisch als knifflige Angelegenheit. Das zeigt sich schon daran, wie die angekündigte Doppelbesetzung des Verwaltungsrates mit dem 66-jährigen Holcim-Präsidenten Wolfgang Reitzle und dem 58-jährigen Lafarge-Chef Bruno Lafont umgesetzt werden soll. De jure soll Reitzle auch in der neuen Gesellschaft alleiniger Präsident bleiben. Das ist nach dem Schweizer Aktienrecht auch nicht anders möglich.Das Gesetz spricht vom Präsidenten in Einzahl, und eine Eintragung von zwei Präsidenten ins Handelsregister ist rechtlich nicht möglich. Zwar gebe es in gewissen Familiengesellschaften seltene Fälle, in denen sich Personen das Verwaltungsratspräsidium alternierend teilten, sagt ein nicht genannt sein wollender Schweizer Aktienrechtsexperte auf Anfrage der Börsen-Zeitung. Doch in diesen Fällen finde der Wechsel jeweils zwischen dem Vizepräsidenten und dem Präsidenten statt. Ein alternierendes Präsidium mit zwei Co-Präsidenten existiere in dieser Form nicht. Diese Regel kann auch der neue Zementriese mit Sitz in der Schweiz nicht verändern.Wenn Reitzle krankheitshalber oder aus anderen Gründen seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann, muss zwingend der nominierte Vizepräsident und Holcim-Mann Beat Hess die Leitung des Gremiums übernehmen und nicht Lafont. Dies hatte die Schweizer Sonntagszeitung unter Bezugnahme auf interne Quellen bei Holcim festgestellt – zu Recht, wie der Aktienrechtsexperte meint. Die Zeitung bezeichnet Lafont in seiner künftigen Rolle als Co-Präsident als reine “Galionsfigur”. Dieser Darstellung widerspricht Reitzle in einem Interview mit dem Handelsblatt aber entschieden. Holcim hätte auf das offizielle Präsidentenamt nicht verzichten können, ohne dass die Balance des Fusionsprojektes aus dem Gleichgewicht geraten wäre, sagte Reitzle der Zeitung. “In der Tagesarbeit werde ich mir die Aufgabe mit Lafont aber teilen.”Konkret könnte sich die Arbeitsteilung der beiden aber dennoch als ziemlich schwierig erweisen, zumal die in den finanziellen Fusionsbedingungen festgelegten Stärkenverhältnisse klar zugunsten von Holcim gehen. Die Doppelbesetzung sei letztlich ein politischer Entscheid, meint der Aktienrechtsspezialist. Lafarge soll derweil bereits zwei potenzielle Kandidaten für den CEO-Posten gefunden haben, wie Bloomberg berichtet. Es handelt sich um deren Finanzchef Jean-Jacques Gauthier und um den Vize-Konzernchef Eric Olsen.