Kretinsky investiert in Frankreich
wü – Es sei wenig über seine wahren Beweggründe bekannt, geben die einen zu bedenken. Seit vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass Daniel Kretinsky ins Kapital der renommierten Tageszeitung “Le Monde” einsteigen will, rätseln Beobachter über die Absichten des tschechischen Milliardärs. Denn es ist nicht das erste Mal, dass Kretinsky in französische Medien investiert. Und das, obwohl es in Frankreich nur wenige Zeitungen und Zeitschriften gibt, die rentabel sind. Der 43-Jährige könnte versuchen, sich über den Einstieg bei den Medien für die geplante weitere Privatisierung des Versorgers Engie in Stellung zu bringen, schreibt deshalb der Journalist Emmanuel Schwartzenberg in einem Blog von Mediapart. Immerhin hat Kretinsky sein Vermögen vor allem der Energiebranche zu verdanken.Der Jurist, der erst kürzlich beim Handelskonzern Metro eingestiegen ist, begann seine Karriere bei der slowakischen Investmentgesellschaft J&T. In Deutschland ist er nicht nur wegen der Metro-Beteiligung bekannt. Denn er kontrolliert den Stromversorger EPH (Energeticky a Prumyslovy Holding), der vor zwei Jahren die Braunkohlekraftwerke und den Tagebau von Vattenfall in der Lausitz übernommen hat. EPH betreibt in Tschechien, der Slowakei, Italien und Großbritannien Kraftwerke. Die Gruppe aus Prag mit knapp 25 000 Mitarbeitern verbuchte vergangenes Jahr bei rund 6 Mrd. Euro Umsatz einen operativen Ertrag von gut 1,9 Mrd. Euro.Nun verhandelt Kretinsky mit Matthieu Pigasse, einem der Hauptaktionäre von “Le Monde”, über den Einstieg bei der Tageszeitung. Der Banker, der bei Lazard für Fusionen und Akquisitionen zuständig ist, will ihm 40 % bis 49 % des Kapitals der Gesellschaft veräußern, in der seine Anteile an dem Traditionsblatt gebündelt sind. Er habe im Sommer sogar kurz davor gestanden Kretinsky seine gesamte “Le Monde”-Beteiligung zu verkaufen, berichtet die Tageszeitung “Libération” unter Berufung auf entsprechende Unterlagen. Sein Umfeld und Xavier Niel hätten ihn dann jedoch davon abhalten können. Telekomunternehmer Niel ist der andere Großaktionär von “Le Monde”.Pigasse, dessen Vater bei der Wochenzeitung “La Manche libre” Schlussredakteur war, soll finanzielle Sorgen haben. Er habe seiner Mediengruppe Les Nouvelles éditions indépendants mehrfach finanziell unter die Arme greifen müssen, um ihre Verluste auszugleichen, heißt es. Zu der Gruppe gehören die Zeitschrift “Les Inrockuptibles”, der Radiosender “Nova” und das Festival “Rock en Seine”. Zur “Le Monde”-Gruppe wiederum gehören neben der Tageszeitung noch die Fernseh-Kulturzeitschrift “Télérama”, die katholische Wochenzeitung “La Vie” und “Courrier International”. Pigasse und Niel halten über eine Holding, an der auch Prisa aus Spanien beteiligt ist, fast 75 % des Kapitals der Gruppe, ein Teil der Mitarbeiter und Leser von “Le Monde” den Rest.Kretinsky könnte seine Präsenz in Frankreich durch den Einstieg bei der Gruppe erheblich ausbauen. Er hat in diesem Jahr bereits das Nachrichtenmagazin “Marianne” gekauft und steht nun auch kurz davor, sieben Zeitschriften von Lagardère zu übernehmen, darunter die Frauenzeitschrift “Elle”. Der tschechische Milliardär hat seine Medienaktivitäten in der Firma Czech Media Invest gebündelt. Er selbst hält 50 %, sein langjähriger Partner Patrik Tkac 40 %. Die beiden Investoren haben zuletzt auch ihren Anteil am Handelskonzern Metro weiter ausgebaut. Ende September waren sie nach eigenen Angaben im Besitz von rund 10,9 % der Metro-Stammaktien.Die Redaktion von “Le Monde” beobachtet sehr genau, welche Pläne Kretinsky verfolgt. Genau wie die Regierung von Präsident Emmanuel Macron. Für Donnerstag ist ein Treffen der Redakteure mit den beiden Hauptaktionären Pigasse und Niel dazu geplant. Ein ausländischer Aktionär bei einem so großen Titel wie “Le Monde” sei eine wichtige Frage, sagte der gerade letzte Woche frisch ernannte Kulturminister Franck Riester dem Radiosender “France Info” am Dienstag. Er werde sich in den nächsten Tagen und Wochen damit befassen.