Lagarde muss wegen Tapie-Entschädigung vor Gericht
wü – Christine Lagarde muss sich in Frankreich im Zusammenhang mit der umstrittenen Schiedsgerichtsentscheidung in der sogenannten Tapie-Affäre vor der Justiz verantworten. Das entschied der Kassationshof. Die 60-jährige Chefin des internationalen Währungsfonds IWF hatte in ihrer Amtszeit als Wirtschafts- und Finanzministerin Frankreichs 2008 ein privates Schiedsgericht eingesetzt, um den jahrelangen Gerichtsstreit zu beenden, den sich der Geschäftsmann Bernard Tapie und seine frühere einst staatliche Hausbank Crédit Lyonnais über den Weiterverkauf des Sportartikelherstellers Adidas geliefert hatten. Das Schiedsgericht hatte Tapie eine Entschädigung von 403 Mill. Euro zugesprochen. Letztes Jahr entschied ein Berufungsgericht, dass er das Geld zurückzahlen muss.Die Justiz hatte dann 2014 ein Ermittlungsverfahren gegen Lagarde wegen Fahrlässigkeit eingeleitet. Sie befürchtet, Tapie habe eine Sonderbehandlung erhalten, weil er Ex-Präsident Nicolas Sarkozy 2007 im Wahlkampf unterstützte. Lagarde selbst bezeichnete die Vorwürfe und das Ermittlungsverfahren gegen sie als “völlig unbegründet’. Ihr Rechtsanwalt Patrick Maisonneuve bedauerte die Entscheidung des Kassationshofes. Dieser habe sich jedoch inhaltlich nicht mit den Vorwürfen gegen seine Mandantin befasst, betonte er. “Diese Debatte wird vor dem Gerichtshof der Republik stattfinden, und ich bin überzeugt, dass dieser jede Verantwortlichkeit von Frau Lagarde ausräumen wird.” IWF spricht Vertrauen ausBei einer Verurteilung durch den Gerichtshof der Republik, einem Spezialgericht für Gesetzesverstöße von Regierungsmitgliedern während ihrer Amtszeit, drohen der IWF-Chefin bis zu ein Jahr Gefängnis und bis zu 15 000 Euro Strafe. Der IWF sprach Lagarde sein Vertrauen aus. Der Verwaltungsrat des IWF, der 189 Mitgliedstaaten vertritt, habe weiterhin Vertrauen in ihre Fähigkeiten, ihre Funktionen effizient wahrzunehmen, sagte Sprecher Gerry Rice.