Lei Jun schwimmt auf Erfolgswelle
Von Norbert Hellmann, Schanghai
Der Gründer und Chef des Technologiekonzerns und Smartphonebauers Xiaomi, Lei Jun, zählt im Alter von 51 Jahren nicht mehr zur jungen Garde der chinesischen Tech-Entrepreneure. Der dennoch stets betont jugendlich-frisch-fröhlich auftretende Multimilliardär kann sich dieser Tage aber dafür feiern lassen, einen neuen Karrierezenit erreicht zu haben. Vom angesehenen Wirtschaftsmagazin „Forbes“ wurde er jetzt auf Platz 1 in der Hitparade der besten CEOs in chinesischen Landen gesetzt. Mit der Spitzenposition wird zweifelsohne gewürdigt, dass Lei langen Atem besessen hat, um Xiaomi mit dem konsequenten Beackern von Auslandsmärkten in die Spitzengruppe globaler Smartphonebauer zu führen. Überdies ist Xiaomi auch dabei, sich ein wenig neu zu erfinden, und bricht mit einer Investitionsoffensive in die Elektromobilität und Entwicklung von sogenannten Smart Cars auf.
Beim „Forbes“-Ranking zum besten China-CEO wird freilich nicht nur visionäres Denken honoriert, sondern auch zählbarer Erfolg in Sachen Umsatz- und Gewinnerzielung, Marktposition sowie Börsenmarktbewertung. Und tatsächlich hat Xiaomi in allen Kategorien denkbar gut abgeschnitten. Einem neuen Bericht des Researchhauses Canalys zufolge konnte Xiaomi nach strammen Verkaufserfolgen im zweiten Quartal den US-Riesen Apple beim globalen Marktanteil im Smartphonegeschäft erstmals überholen. Nun steht Xiaomi mit einer Marktschnitte von 17% nur noch knapp hinter dem langjährigen Branchenplatzhirsch Samsung mit 19%. Die chinesischen Rivalen Oppo und Vivo sind mit je 10% Marktanteil kräftig distanziert worden, während die einstmals führende Huawei im Zuge von US-Restriktionen nur noch unter ferner liefen rangiert. Für Lei ist der Sprung auf den zweiten Platz der Smartphone-Weltrangliste allein schon deshalb eine besondere Genugtuung, weil er sich unverkennbar immer wieder den Apple-Konzern mit dem legendären Steve Jobs zum Vorbild gemacht hat.
Xiaomi hat den Niedergang Huaweis konsequent für sich nutzen können, um die Stellung in Schwellenländern Afrikas, Lateinamerikas sowie im südasiatischen Raum auszubauen, und ist auch bei europäischen Handykäufern zunehmend wohlgelitten. Im zweiten Quartal kletterte der Absatz in Westeuropa um 50%. Dabei beruht Xiaomis Markterfolg auf im Vergleich zu Samsung und Apple relativ budgetfreundlichen Geräten, die aber in Sachen Design höheren Ansprüchen genügen.
Dass es nach dem von Washington erwirkten Huawei-Absturz mit Xiaomi erneut einer chinesischen Adresse gelungen ist, im globalen Smartphonemarkt abzuräumen, stößt selbstverständlich auch in Peking auf Beifall. Und da es Lei stets verstanden hat, sich als Patriot und Parteifreund darzustellen, muss er auch nicht befürchten, ähnlich wie der Tech-Milliardär und Alibaba-Gründer Jack Ma von Peking angefeindet zu werden. Dass Lei bei der Parteiführung hoch im Kurs steht, zeigte sich, als er kürzlich bei der Feier zum 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei zu den handverlesenen Unternehmerpersönlichkeiten auf der Gästeliste gehörte.
Wohltätigkeit ist Trumpf
Lei ist sich allerdings bewusst, dass chinesische Tech-Milliardäre im gegenwärtigen politischen Klima so etwas wie soziale Verantwortung zur Schau stellen müssen, um in der Gunst der Staatsführung zu verweilen. In den letzten Monaten sind die Gründer der Techkonzerne Tencent (Ma Huateng), Bytedance (Zhang Yiming), Meituan (Wang Xing) und Pinduoduo (Colin Huang) mit wohltätigen Aktionen und der Gründung von Stiftungen aktiv geworden. Am Freitag zog auch der auf ein Vermögen in Höhe von 26 Mrd. Dollar veranschlagte Lei nach.
Er übertrug Xiaomi-Aktien im Wert von 2,2 Mrd. Dollar als Stiftungsvermögen an die Vehikel Xiaomi Foundation und Lei Jun Foundation. Das dürfte den Xiaomi-Chef nicht nur als Erfolgsmanager, sondern auch als wohlgelittenen Wohltäter gut schlafen lassen.