Führungsumbau bei Japans Firmenikone

Lin Tao rückt zu Sonys erster Finanzchefin auf

Bei der Beförderung von Lin Tao zum Chief Financial Officer geht es Sony nur am Rande um mehr Diversität im Vorstand. Vielmehr passt die Managerin perfekt in die Wachstumsstrategie von Chairman Yoshida und des kommenden CEO Totoki.

Lin Tao rückt zu Sonys erster Finanzchefin auf

Lin Tao rückt zu Sonys Finanzchefin auf

mf Tokio

Als Sony Ende Januar die Umbesetzung der Führung zum 1. April verkündete, sorgte die Entscheidung, Hiroki Totoki zum CEO zu machen, für weniger Aufsehen als die Beförderung von Lin Tao zu seiner Nachfolgerin als Finanzvorstand. Denn Tao ist nicht nur der erste weibliche Chief Financial Officer (CFO) von Sony – dieser Vorstandsjob war in den vergangenen zehn Jahren auch zweimal das Sprungbrett an die oberste Spitze des Konzerns.

Aufstiegschance nach ganz oben

Kenichiro Yoshida, aktuell Vorsitzender des Verwaltungsrats, übte die CFO-Funktion von 2014 bis 2018 aus, bevor er zum Präsidenten und CEO aufstieg. Von ihm übernahm Totoki den CFO-Posten und wurde später Chief Operating Officer und Präsident. Nach sieben Jahren als Finanzvorstand erhält er die Aufgaben des CEO von Yoshida, der sich auf die Rolle des Chairman beschränkt. Aus diesen zwei Beispielen leiten Beobachter ab, dass Tao gute Chancen hätte, als erste Frau später auch die ganze Sony-Gruppe zu leiten. Der Chief Financial Officer gilt als entscheidender Karriereschritt an die Sony-Spitze, weil von dort nicht nur die Geldflüsse im Konzern gesteuert, sondern auch die wichtigsten Geschäftssparten wie Gaming, Filme und Halbleiter beaufsichtigt werden.

Intern wurde erwartet, dass Vizepräsident Naoya Horii als enger Berater von Totoki von ihm das CFO-Amt übernehmen würde. Dass nun Lin diesen Job bekommt, dürfte damit zusammenhängen, dass ihr Karriereprofil besser zur Strategie von Chairman Yoshida passt, Sony zu einem Unterhaltungskonzern zu schmieden. Zudem haben Yoshida und Totoki ihre Fähigkeiten aus der Nähe studieren können. Tao kam im Jahr 2000 zu Sony und arbeitete in der für die Playstation verantwortlichen Gaming-Sparte sowie im Smartphone-Geschäft. Im Jahr 2016 wurde Tao in das Büro des CEO versetzt, wo sie eng mit dem damaligen CEO Kazuo Hirai und dessen späteren Nachfolger Yoshida zusammenarbeitete.

Umstrukturierung der Spielesparte

Vor vier Jahren übernahm sie ihre aktuelle Position als Vizepräsidentin für Finanzen, Unternehmensentwicklung und Strategie bei der Gaming-Tochter Sony Interactive Entertainment (SIE). In dieser Funktion war Tao maßgeblich am Abschluss mehrerer Akquisitionen beteiligt, darunter der 3,7 Mrd. Dollar schwere Zukauf des US-Spieleentwicklers Bungee. Als der bisherige CFO Totoki 2023 als Vorsitzender und im darauffolgenden Jahr als Interims-CEO die Leitung von SIE übernahm, half Tao ihm bei der Umstrukturierung des finanziell angeschlagenen Gaming-Geschäfts.

Unter Yoshida investierte Sony seit 2018 insgesamt 10 Mrd. Dollar in den Ausbau der Spiele-, Film- und Musikbibliotheken. Yoshida und Totoki wollen das Wachstum dieser drei Geschäftsbereiche, die 60% des Umsatzes generieren, ankurbeln. „Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter der Unterhaltung, und Netzwerke sind die Hauptakteure dieses Trends“, sagte Yoshida bei der Bilanz-Telefonkonferenz. Dass Tao mit dem Gaming-Geschäft, das seine Inhalte über Netzwerke vertreibt, bestens vertraut ist, dürfte ihren Aufstieg gestützt haben. Auch erwähnt wird der Aspekt einer vermehrten Diversität, die sich bei Sony bisher vor allem über nichtjapanische Männer im Vorstand ausdrückte.

Internes Lob für ihren Geschäftssinn

Sony hat kaum Informationen über Tao veröffentlicht. Weder ihr Alter, ihre Nationalität noch ihr Familienstand ist bekannt. Der Name spricht für chinesische Wurzeln, aber möglicherweise ist sie in Japan aufgewachsen. Auf ihrem Linkedin-Profil gibt sie an, Chinesisch und Japanisch auf Muttersprachler-Niveau sprechen zu können. Zwischen 1998 und 2000 erwarb sie einen MBA an der Keio Business School in Tokio. Die Finanzzeitung „Nikkei“ berichtete in einem wohlwollenden Porträt, Tao werde intern für ihren Geschäftssinn gelobt. Sie würde sich nicht scheuen, dem Top-Management abweichende Meinungen mitzuteilen, und sei logisch, nachdenklich, kontaktfreudig und beruhigend – alles gute Eigenschaften für eine Top-Führungsperson.

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