Luca Cordero di Montezemolo steigt in den Bus um
Von Gerhard Bläske, Mailand
Er war Chef der Fluggesellschaft Alitalia, stand an der Spitze von Fiat und Maserati, und viele Jahre war Luca Cordero di Montezemolo auch Ferrari-CEO beziehungsweise Chairman. Er war Vize-Chairman der HVB-Mutter Unicredit und gehörte 2006 zu den Mitgründern der privaten Bahngesellschaft Italo, die Hochgeschwindigkeitszüge betreibt und deren Chairman er ist. Er hat natürlich eine Luxusjacht. Und jetzt fährt der Abkömmling eines piemontesischen Adelsgeschlechts, der Gerüchten zufolge der uneheliche Sohn von Ex-Fiat-Boss und Großaktionär Gianni Agnelli ist, auch noch Bus.
Zusammen mit einigen Investoren, die schon bei Italo dabei sind, hat er den Flixbus-Konkurrenten Itabus gegründet. Am 27. Mai startet das Unternehmen, an dem Cordero di Montezemolo mit 17,5% beteiligt ist, mit 300 Bussen im ganzen Land. Die Strecke Rom–Neapel wird für 1,99 Euro angeboten, doch Schwerpunkt sollen Verbindungen in Orte sein, die schlecht an das Verkehrsnetz angebunden sind. Das sind vor allem Städte im Süden Italiens oder Querverbindungen zwischen dem Tyrrhenischen Meer im Westen und der Adria im Osten, etwa Neapel–Rimini. Die Busse kommen von der VW-Tochter Traton, genauer von MAN, die auch die Wartung übernimmt. Das Leasing erfolgt über die Großbank Intesa Sanpaolo. Weitere Partner sind Telecom Italia und der Energiekonzern Eni – eine fast rein italienische Lösung also. Ziel ist eine optimale Verknüpfung mit dem Bahn-, Fähr- und Flugverkehr. Nach spätestens zwei Jahren sollen die Busse ausgetauscht werden. Insgesamt 200 Mill. Euro sollen bis 2025 investiert werden. „Es entsteht eine neue Art des Reisens“, sagt Cordero di Montezemolo.
Auch mit 73 kann es der gebürtige Bolognese nicht lassen. Aufgewachsen ist er in einem Nobelviertel Roms. Er besuchte eine Privatschule und war dort Klassenkamerad von Premierminister Mario Draghi. Cordero di Montezemolo ist sicher einer der bekanntesten Unternehmer Italiens und hatte eine schier unglaubliche Vielzahl von Ämtern inne.
Der in zweiter Ehe verheiratete Vater von drei Kindern studierte an der römischen La-Sapienza-Universität Jura und an der New Yorker Columbia-Universität internationales Handelsrecht. Es war der legendäre Enzo Ferrari, der Cordero di Montezemolo einst im Radio hörte und zu Ferrari holte. Der Mann, der in seiner Jugend leidenschaftlich Autorennen fuhr, leitete den Ferrari-Rennstall mit viel Herzblut und holte – vor allem mit Michael Schumacher, den er heute noch verehrt – viele Formel-1-Titel. Er war Chef von Cinzano Vermouth, die damals der Fiat-Eignerfamilie Agnelli gehörte, und er stand an der Spitze der Fiat-Öffentlichkeitsarbeit, bevor er Fiat-Boss wurde. Der stets elegante Cordero di Montezemolo war Chef des Industrieverbands Confindustria, Präsident der römischen Luiss-Universität, Generaldirektor für die Fußball-Weltmeisterschaft 1986 in Italien und sollte unter Silvio Berlusconi Minister werden, was er jedoch ablehnte. Jetzt steigt der Tausendsassa eben auf den Bus um.