EU-Parlament

Manfred Weber ist mittendrin in Europas Machtzentrum

Kein Gegenkandidat bei der Wahl zum Parteivorsitzenden der Europäischen Volkspartei, aber reichlich Kritiker links der politischen Mitte: der CSU-Politiker Manfred Weber.

Manfred Weber ist mittendrin in Europas Machtzentrum

CSU-Politiker Manfred Weber
ist mittendrin in Europas Machtzentrum

fed Brüssel

Ein Rückschlag, so wurde Manfred Weber einmal vom Bayerischen Rundfunk zitiert, werde erst dann zur Niederlage, wenn man nicht wieder aufstehe. Man muss dem CSU-Politiker zugestehen, dass er persönlich diese Behauptung eindrücklich bestätigt hat. 2019 hat der Niederbayer nämlich einen richtig herben Rückschlag in seiner politischen Karriere einstecken müssen − auf offener Bühne bremsten ihn Europas Regierungschefs und insbesondere Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beim Versuch aus, als Spitzenkandidat der europäischen Christdemokraten, also der stärksten Parteienfamilie des EU-Parlaments, nach dem Posten des EU-Kommissionspräsidenten zu greifen. Die Chefs entschieden sich stattdessen für Ursula von der Leyen.

Trotz dieser Zurücksetzung ist der 52-jährige nicht nur Teil des Entscheidungszentrums der Europäischen Union geblieben, sondern hat seine Machtposition sogar noch ausgebaut. Denn als langjähriger Fraktionschef der Europäischen Volkspartei und zugleich als deren Parteivorsitzender ist Webers Einfluss parallel zur gewachsenen Macht der Konservativen in Europa gestiegen. Im EU-Parlament hat die stärkste politische Kraft ihre Vorrangstellung bei den Wahlen voriges Jahr noch ausgebaut. Und innerhalb des Kollegiums der EU-Kommission sind mittlerweile mehr als die Hälfte der 27 Mitglieder auf dem Ticket der EVP unterwegs. Im Rat ist das Bild ähnlich, hier treffen bei den EU-Gipfeln mittlerweile 13 Regierungschefs von CDU, ÖVP & Co. zusammen. In der Volkspartei sitzt Weber wiederum fest im Sattel. Bei der Abstimmung über seine Wiederwahl am Dienstagabend nach Redaktionsschluss stand kein Gegenkandidat zur Wahl.

Umstrittene Grenze nach rechts

Bei den Oppositionsparteien wird der studierte Ingenieur aus der niederbayrischen Provinz − sein Geburtsort Niederhatzkofen zählt gerade 125 Seelen, die dazugehörige Kleinstadt Rottenburg 8.000 Einwohner − derweil hart angegangen. Das gilt insbesondere mit Blick auf Webers Versuche, die Demarkationslinie gegenüber Rechtsaußen anders zu ziehen als es Sozialdemokraten, Liberale, Linke und Grüne tun. „Ich möchte unterscheiden zwischen den echten Hardcore-Rechtsextremen und den ernsthaften Konservativen“, lautet das Credo des Fraktions- und Parteichefs. Aus Sicht der Linksliberalen ist diese Differenzierung jedoch nur vorgeschoben, damit sich die Volkspartei aussuchen kann, ob sie sich mit den Parteien der Mitte verbindet oder mit den Rechtskonservativen, um Mehrheiten zu organisieren. Besonders allergisch haben Sozialdemokraten und Grüne darauf reagiert, dass Weber gegenüber einer Zusammenarbeit mit der Fratelli d´Italia unter Giorgia Meloni aufgeschlossen ist.

Ein rotes Tuch ist Weber für manchen, der in Europa politisch links der Mitte steht, aber auch wegen seiner Positionierung in besonders öffentlichkeitswirksamen Streitfragen wie einer Revision des Verbrenner-Aus. Seine Parteifreunde wiederum schätzen sein Engagement in diesen Dossiers, weil sie darin einen Beleg für das politische Gespür für das erkennen, was die Bürger tatsächlich umtreibt.

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