Mark Branson wird BaFin-Präsident
Von Daniel Zulauf, Zürich
Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) braucht nach den gravierenden Versäumnissen im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal dringend eine Imagepolitur. Für diese soll ausgerechnet der oberste Finanzpolizist aus der Schweiz sorgen. Mark Branson, seit genau sieben Jahren Chef der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht, soll „die Reform der BaFin fortsetzen, damit die Finanzaufsicht mehr Biss erhält“, formulierte Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Montag die Erwartung an den 52-jährigen Wahlschweizer britischer Herkunft.
Eine Portion Ironie
Die Berufung entbehrt nicht einer Portion Ironie. Schließlich war nach all den Jahren des Steuerstreites nicht damit zu rechnen, dass sich die deutsche Politik just in der Schweiz zusätzliches Know-how im Bereich der Finanzmarktaufsicht beschaffen würde. Allerdings hatten die Finanzminister beider Länder schon 2013 eine „Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Finanzbereich“ vereinbart und das Ende der Eiszeit eingeläutet. Dass Branson, laut Scholz ein „international hoch anerkannter Fachmann“, irgendwann bei einer ausländischen Behörde landen würde, kommt für den früheren Finma-Präsidenten Eugen Haltiner nicht überraschend. „Er ist ein exzellenter Mann, ich hätte gedacht, es würde ihn zurück in Richtung Großbritannien ziehen.“ Haltiner hatte Branson 2010 in die Finma geholt. Diese war damals gerade erst von einer Bundesbehörde, der „Eidgenössischen Bankenkommission“, in die heutige, finanziell wie auch politisch weitgehend selbständige Institution umfunktioniert worden.
Vier Jahre später wählte der Bundesrat Branson zum Direktor. Sein Bewerbungsdossier war lückenlos: Studium von Mathematik und Management in Cambridge. 16 Jahre Erfahrung in der Finanzbranche – zuerst als Berater, dann als Leiter Kundensupport der Credit Suisse in London und später bei der UBS, zuletzt als Finanzchef für das globale Vermögensverwaltungsgeschäft. Trotzdem dauerte es ganze drei Monate, bis der Bundesrat die Wahl des Wunschkandidaten des Finma-Verwaltungsrates bestätigte. Das langwierige Wahlprozedere provozierte allerlei Missverständnisse, zumal sich Bransons Vorgänger bei den Banken reichlich unbeliebt gemacht hatte.
Kein Schmusehündchen
Die Bankiervereinigung adressierte an den frischgewählten Branson denn auch gleich die Erwartung, dass dieser „wieder vermehrt den Geist des Vertrauens und der Zusammenarbeit“ mit den Banken aufleben lasse und die Regulierung „verstärkt auf ihre Marktfähigkeit“ prüfe.
Ein Schmusehündchen der Banken ist Branson trotz dieses Starts nicht geworden. Vielmehr zeigte sich der schmächtige Finanzpolizist bald von seiner standfesten Seite.
Im November 2014 etwa ließ er den UBS-Präsidenten Axel Weber und dessen damaligen CEO Sergio Ermotti alt aussehen, als er der Öffentlichkeit die Erkenntnisse der Finma zum wettbewerbsschädlichen Verhalten der Großbank im Devisenhandel präsentierte.
„Die Bank hat die Konsequenzen aus dem Libor-Fall zu wenig gezogen, es wäre möglich gewesen, entschlossener und schneller zu handeln“, kritisierte Branson die UBS und damit ihre beiden obersten Führungsfiguren, die 2011 mit dem Versprechen angetreten waren, mit den Sünden aus der Vergangenheit radikal aufzuräumen.
Zudem zog die Finma die Zügel bei der Ahndung von Geldwäschevergehen kräftig an. Große internationale Korruptionsskandale wie jene um die staatlichen Erdölkonzerne Petrobras (Brasilien) und PDVSA (Venezuela), den malaysischen Staatsfonds 1MDB und die Fifa führten zu Untersuchungen bei Dutzenden von Banken in der Schweiz. Die traditionsreiche Banca della Svizzera Italiana wurde auf behördliches Geheiß sogar abgewickelt.